Auf Umwegen nach Marokko

  • Dienstag. 10.3.2015 07h15 siehe oben - 09h45 Taliouine 150km



    Im Tageslicht entdecken wir die Einfahrt zum gestern gesuchten CP; die Beschilderung ist leider "einseitig", aus unserer Richtung war sie nicht zu sehen und die Angaben bei Kohlbach sind zu ungenau bzw. unrichtig. Bei unserer Abfahrt erleben wir ganz unverhofft noch einmal frühmorgendliches ursprünglichstes Markttreiben. Sehr nervig! Auch die Schnellstraße ist vor Schulbeginn durchaus mit Vorsicht zu genießen ist - fünf Fahrräder nebeneinander sind keine Seltenheit. Bald haben wir aber freie Fahrt und genießen den Ausblick auf den Atlas in der Morgensonne, die grünen Felder neben der Fahrbahn und die relativ gute Straße - bis uns der Baustellenzirkus erneut beschäftigt. Trotzdem sind wir flott genug, dass noch Zeit für eine Womo-Wäsche bleibt (dringend notwendig), bevor wir wieder auf unseren CP einschwenken und dort mit großem Hallo empfangen werden.
    Ein großes DANKESCHÖN fürs Warten. Der Lohn für all die Strapazen ist nur wenige Meter entfernt - das Schwimmbecken ist eingelassen, juhuu! Das Wasser ist noch ziemlich frisch, so ca. 18°-19°, aber nach der Hitze ein Traum. Nachmittags bekommen wir unser Essen zu den Womos serviert, wo wir in einem Wiesenstreifen eine kleine Tafel aufgebaut haben. Den Tee nimmt die vornehme Gesellschaft ebenfalls dort. Dann wird´s etwas volkstümlicher: aus Banovci haben wir eine wunderbare Dauerwurst mitgebracht. Ein Wurstschneidewettbewerb ist fällig - wer bringt die dünnsten Scheiben zustande? Mit solchen und ähnlich wichtigen Dingen bringen wir den restlichen Tag zu, nützen noch einmal das viele warme Wasser, rüsten die Womos, denn morgen rücken wir wieder ein Stück nach Osten vor.
    Übrigens: auch Frankie hatte eine Panne. Nagel in Reifen - Reifen schlapp! Reparatur wurde aber innerhalb kürzester Zeit durch die CP-Leitung organisiert. Super Platz, sehr zu empfehlen.

  • Mittwoch, 11.3.2015 08h35 Taliouine - 15h00 Agdz 184km


    Genau vor einem Monat sind wir aufgebrochen! Sehr ereignisreiche vier Wochen. Über Langeweile können wir nicht klagen! Heute ist Agdz unser Ziel. Zunächst geht es recht gepflegt eben dahin; wir kaufen Safran, der hier gewonnen wird. Die Straße gewinnt an Höhe (1900m), wir sehen in der Ferne die schneeweißen Atlasgipfel. Nach einer zweiten sanfteren Passhöhe machen wir in einem winzigen Dorf einen Fotostop. Hier werden Funde aus Zeiten feilgeboten, in denen hier ein Meer fröhlich plätscherte. Versteinerte Trilobiten, Muscheln u.ä. werden feilgeboten, auch Mineralien aus dem Umland. Wie immer, wenn wir halten, tauchen aus dem Nichts Kinder auf und die Süßigkeitenquelle in den Womos beginnt zu sprudeln. In Tazenakht entdecke ich zu meiner Verblüffung einen Kleinlaster mit der hier doch eher erstaunlichen Aufschrift: Tischlerei, Möbelhandel GRASSL, Deutsch-Goritz. Wir fahren ein paar Meter zurück, zwecks Dokumentation. Weg ist er! Er taucht aber doch noch einmal auf:


    Auf dem Weg nach Agdz tut sich ein Fenster auf, durch das wir einen Blick in die Erdgeschichte werfen dürfen: In goldenem Ockergelb, ziegelrot, kakaobraun, tiefviolett und schiefergrün leuchten abenteuerlich verworfene Gesteinsschichten rechts und links der Straße. Die Welt liegt hier sozusagen schief und mittendurch führt - oberirdisch! - eine Wasserleitung, die sich hier einigermaßen seltsam ausnimmt.


    Leider werden wir dieser Zauberwelt ziemlich plötzlich entrissen: Infrastruktur für Erz- oder sonstige Bodenschätze macht sich breit. Baucontainer, provisorische Straßen, Abraumhalden - das beachtliche Ausmaß lässt auf gewinnträchtige Vorkommen schließen; Helmut klärt uns auf: Kobalt ist das begehrte Gut. In Agdz ist Mittagessen angesagt: der Fleischhauer liefert das Fleisch - in diesem Fall Ziege - der Nachbar = Wirt grillt und serviert. Salat dazu, Kreuzkümmel gegen Dünnpfiff und zum Trinken Wasser - das Leben ist wirklich traurig! Der CP ist ein Hit. Enorm viel Platz, jede Menge Palmen und Grobschotter und gleich nebenan eine Kasbah.


    Eine sehr charmante eingeheiratete Französin, die ausgezeichnet Deutsch spricht, erzählt uns recht ausführlich über orientalische Wohnkultur, Lebensweise und Gastlichkeit und rückt auf unaufdringliche Weise diverse irrige Vorstellungen über Islam und orientalische Kultur in allgemeinen zurecht. Sehr beeindruckend. Nachdem wir unser Kulturpensum absolviert haben, schnippeln Evi, Anni und Ewald unsere restlichen Obstbestände zu einem Salat zusammen, reichern ihn mit Yoghurt an und schon wieder wird getafelt! Und das alles unter Palmen unter einem sternenbestickten Himmel!

  • Donnerstag, 12.3.2015 09h40 Agdz - 13h00 Zagora 108km


    Ein Stück Draa-Tal ist heute unser Thema. Vorher kommt aber noch der Markt, der freundlicherweise am Donnerstag stattfindet und zu dem Scharen von Menschen unterwegs sind: zu Fuß, auf Eseln, mit Lastenmotordreirädern, oft seit Stunden unterwegs. In Kleintransportern werden Ziegen und Schafe herbeigekarrt und es gibt tatsächlich auch einen kleinen Viehmarkt. Viele Waren wird natürlich schon in Marktständen offeriert: Bohnen in unglaublicher Vielfalt, Getreide, Mehl, Öl, Honig, Gewürze, Fleisch natürlich. Die Bauern, die mit ihren frischen Produkten gekommen sind, breiten diese aber gleich auf dem Boden aus: Berge von frischen Erbsen, Kartoffeln, Zwiebeln, Orangen, Zucchini, Melanzani, Paprika und Pfefferoni, Knoblauch und anderen Agrarprodukten häufen sich auf Plastikplanen oder Filzunterlagen. Dazwischen steht eine Waage. In einer Plastikschüssel sammelt man ein, was man kaufen will, lässt es wiegen und zahlt. Stundenlang könnte man zuschauen - trotzdem zieht es uns weiter.


    Eine feine Straße führt uns durch das Flusstal nach Süden an einigen Kasbahs vorbei, die allesamt nicht sonderlich bewohnt wirken - trotz Sat-Schüsseln. Wirklich eindrucksvoll dagegen ist die Landschaft. Ein Bergmassiv mit interessanten Felsformationen begleitet den Fluss, der sich blaugrün leuchtend zwischen den Palmenhainen dahinschlängelt.


    Er führt relativ viel Wasser - vielleicht hat der Stausee eine Spende abgegeben. Insgesamt wird es aber immer trockener - schon gestern in den Ausführungen der "Burgherrin" war die Rede von unter 10% Luftfeuchtigkeit. In Zagora steuern wir den CP unserer Wahl an, der restlos ausgebucht ist. Im Jardin de la Zagora finden wir dann aber drei Plätze nebeneinander und formen einen regelrechten Riad. Sehr vornehm geht es auf diesem CP zu: jeder Stellplatz hat einen eigenen Teppich aus Palmfasern - wir wissen das sehr zu schätzen. Nach dem Essen im Dorf ziehen wir uns in unseren Riad zurück, lesen, trinken ein Glas Wein und genießen den frühsommerlichen Abend vorm Womo. Wir suchen - und finden auch! - den Großen Wagen, der recht eigenartig am südlichen Sternenhimmel hängt - sehr ungewohnt.

  • Freitag, 13.3.2015 Zagora 08h40 - Mhamid 11h15 102km


    Unterwegs kaufen wir Zutaten fürs gemeinsame Kochen, dann geht es nach Süden. Es wird trocken, sehr trocken. Bei einem Verkaufsstand mit sehr hübscher grüner Keramik machen wir noch einen Stop, ohne etwas zu finden, das ruft: "Nimm mich mit!"


    und weiter geht es. Es wird noch trockener, die zuerst ausgezeichnete Straße wird zu einem einspurigen Asphaltband mit rechts und links Schotterbankett. Sie ist eindeutig in Arbeit. Gelegentlich wird die wüstenähnliche Landschaft unterbrochen von einzelnen bizarr geformten Erhebungen; nach dem letzten Sattel ist es nur mehr eben und staubig.


    Die ersten Dünen tauchen auf, überzogen mit kunstvoll gefertigten Geflechten aus getrockneten Palmwedeln, die die Ansiedelung von Pflanzen begünstigen und das Weiterwandern der Sandberge verhindern sollen. Im Mhamid finden wir hinter der Kasbah den von Fr. Kohlbach genannten Stellplatz vor - so neu, dass er noch gar nicht fertig ist. Aber wir haben Strom, duschen kann man auch und das Schönste ist ein Pool, dessen Wasser so kalt ist, dass ganz rätselhaft ist, woher es wohl kommen mag. Er gehört zum Kasbah-Hotel und die Campinggäste dürfen ihn mitbenützen. Was wir eifrig tun, denn es hat einiges über 30°C! Heute wird gemeinsam gekocht, das heißt: das Fußvolk schnipselt, Frankie kreiert und Ewald assistiert. Es wird sehr köstlich und Frau Kohlbach - ab jetzt Edith - laden wir gleich zum Mitessen ein. Wir hören einiges über ihre Geschichte, über die der Umgebung, über einen Freund, der hier recht rührig ist. Abends pilgern wir zu einer Veranstaltung, die im Rahmen des "Festivals der Nomaden" stattfindet. Es wird aber recht schnell klar, dass das nicht unser Ding ist. Der Sternenhimmel am stillen Stellplatz ist viel schöner.

  • @ vmguzzi:
    Ja. das hat er. Er fährt damit eine Marokkorundreise.


    Samstag, 14.3.2015 Stehtag


    Frühstück im Freien, zu Mittag geht es per Geländewagen in die Wüste. Rund vier Kilometer von Mahmid entfernt liegt zwischen Sanddünen ein Haus aus Stampflehm, in dem wir bewirtet werden.


    Diese Bauten sind tatsächlich wahre Klimawunder. Obwohl es draußen schon ganz schön brütet, ist es im Inneren angenehm kühl. Teppiche liegen herum, auf denen wiederum Katzen herumliegen. In einer Ecke versammeln sich einige Trommeln und irgendein Saiteninstrument - eine richtig heimelige Atmosphäre. Das stumpfe Braun erzeugt außerdem ein angenehmes Dämmerlicht, das für die Augen nach dem grellen Sonnenschein sehr wohltuend ist.


    Trotzdem stapfen wir natürlich nochmal hinaus, um zu photographieren und siehe da - tatsächlich kommt eine kleine Kamelkarawane des Weges - wie bestellt. Hinter einer Düne ziehen die Tiere vorbei, verschwinden zeitweise und tauchen dann wieder auf. All das geschieht vollkommen lautlos, wie überhaupt hier vollkommene Stille herrscht. Man hört seinen eigenen Schritt nicht, man hört keinen Vogel, nicht das leiseste Geräusch - Totenstille - sehr faszinierend. Drinnen geht es dafür sehr gastfreundlich zu; wir bekommen ein sehr liebevoll zubereitetes reichliches Mahl vorgesetzt und zahlen samt Obst und Tee vorher und nachher gerade einmal 70 Dirham p.P. Um 15h30 finden wir uns dann wieder in der Ortschaft zum "Kamelrennen" ein, das eher ein Scherz ist.


    Immerhin bietet es aber Gelegenheit, die Tiere einmal aus der Nähe zu betrachten und auch Bilder zu machen. Der restliche Nachmittag verläuft aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten aller Art wenig vergnüglich; Frau Kohlbach kutschiert mich unerwartet in die falschen Kasbah, bleibt aber dort und ich muss mich mit einer dürftigen Wegbeschreibung zu Fuß durch teilweise knöcheltiefen Sand auf den weiten Weg zum CP machen. Ich melde mich mit dem Marokkohandy beim Rest der Mannschaft, leider misslingt Ewald`s Versuch, mir entgegen zu gehen, weil er die falsche Brücke erwischt. Dafür gabelt mich einer der Herren von heute Mittag auf und bringt mich zum CP. Weil man den Ewald nicht telephonisch zurückrufen kann (er hat ein nicht funktionierendes Handy mit), rennt Franki los, um ihn zurückzuholen, findet ihn aber nicht. Irgendwann landet Ewald aber auch wieder bei uns und dann . . . siehe oben.
    Am Abend gehen Ewald, Anni und Franki noch zu einem Berberabend im Hotel. Da wird musiziert und getanzt, Dazwischen gibt es besinnliche Ruhephasen.

  • Sonntag, 15.3.2015 08h50 Mhamid - 13h15 Nekob 211km


    Wie Brotbacken im Sand geht, wissen wir, weshalb wir unseren Aufenthalt um einen Tag abkürzen und uns der nächsten Wüste zuwenden. Zunächst geht es mit einem Keramik-Zwischenstop (die ist so schön grün) zurück bis knapp vor Agdz. Dort biegen wir nach Osten ab und werden von einer sehr eigenwillig geformten Bergkette begleitet. Gelegentlich taucht eine Mini-Oase mit Lehmhäusern und einigen staubigen Palmen auf. Staub bzw. Sand sind übrigens seit Tagen das Thema. Es knirscht überall, man kann kehren, wischen, saugen soviel man will - es knirscht trotzdem und die Hände sind wie Sandpapier. Pünktlich zu Mittag sind wir auf unserem CP in Nekob. Klein, aber fein. Man kann zwar nicht entsorgen, sonst passt aber alles. Einziger Wermutstropfen: unzählige Fliegen ärgern uns bis aufs Blut. Ewald veranstaltet eine äußerst geräuschvolle Jagd, man könnte glauben, er zertrümmert das Womo! Der Gelsenstecker muss raus; er macht die Quälgeister so träge, dass man sie erwischen kann. In der Zwischenzeit genehmigen wir uns im sehr hübschen Dar (ein ganz kleiner Riad) des CP einen The maroccaine und als wir zurückkommen, sind die Womos weitgehend fliegenfrei. Morgen wollen wir die Erg Chebbi erreichen.

  • Montag, 16.2.2015 09h00 Nekob - 17h30 Merzouga/CP Auberge les Pyramides 255km

    Während Franki seinen Reifen erneut reparieren lässt, murkse ich die Restfliegen ab, die nächtens fröhliche Auferstehung gefeiert haben. Dann geht´s erneut nach Osten; diesmal führt die Strecke durch eine ganz besonders schöne Landschaft. Wo ist die Wüste geblieben (die Präsahara, wie gebildete Leute zu sagen pflegen)? Die Wüste blüht, drum sieht man sie nicht! Es ist ganz unglaublich, aber nach der vielen knochentrockenen Ödnis für uns grün-verwöhnte Mitteleuropäer auch unglaublich wohltuend. Bis zu den seltsam geformten Bergen,


    die der Fluss in Hunderttausenden von Jahren abgegraben hat, überzieht ein zitronengelber Teppich von Ackersenf (?) das Tal, unterbrochen von kugeligen violetten Ginsterbüschen


    und kleinen Büscheln tief dottergelber Goldtaler (zumindest habe ich blässliche Anverwandte dieses Gewächses schon in heimischen Pflanzkatalogen unter diesem Namen gesehen). Zu verdanken haben wir diesen Zauber den heuer ungewöhnlich reichen Regenfällen in dieser Region. Wir haben mehrfach gehört, dass es seit gut 15-20 Jahren nicht mehr so viel geregnet hat. Was natürlich nicht nur ein Segen war, wie man am Zustand der Straßen und Flussläufe ablesen kann. Berühmt ist das Tal für seine Fossilienfunde, die uns daran erinnern, dass dies hier einmal Meeresboden war. Von der Erdgeschichte zurück ins heutige Marokko, einer Baustelle zwischen Vergangenheit und Zukunft. In Rissani zeigt sich das geradezu deutlich. Zunächst betreten wir zwar die heile Welt des Mausoleums mit seinem wunderbaren gefliesten Innenhof (Carrara-Marmor!) und Schatten spendenden Palmen;


    spätestens in der Altstadt aber wird klar, was hier abgeht. Der Stadtkern, bestehend aus Stampflehmbauten, wird renoviert, Wasser und Strom werden in die Wohnungen geleitet. Das dauert und beschert der Stadt unglaublich viel Staub und Schmutz. Ob Helmut unseren Guide oder dieser ihn aufgegabelt hat, ist einerlei - jedenfalls begleitet er uns hartnäckig, wir erfahren und sehen vieles, was uns sonst verborgen geblieben wäre. Selbstverständlich lotst er uns auch zu zahlreichen Läden in den Souks, die ihm ein Anliegen sind . . . . . . nachdem brav gekauft wurde, dürfen wir essen gehen. Danach rauschen wir ab Richtung Merzouga, nicht ohne den sanften Verweis eines Polizisten einzuheimsen, weil wir zu lange geparkt haben. Anni und ich müssen unsere Augenaufschläge ein setzen, damit´s nichts kostet. 35km noch, dann sind wir bei der Erg Chebbi. Schon der Weg dorthin ist spannend. Dünen tauchen auf - allein die Farbe ist eine Sensation, sie sind wirklich golden! Als wir am CP stehen, stapfe ich mit dem Fotoapparat herum, anstatt mich häuslich zu betätigen, weil man schließlich die Abendsonne nützen muss. Sie verzaubert die Sandberge in ein rotgoldenes Meer zeitloser, hinreißender Schönheit.

  • Dienstag, 17.3.2015 Stehtag


    Wüstenfrühstück in der Sonne, umgeben von gelbem Sand - das hat schon was. Manchmal kommt auch ein Kamel - Verzeihung, Dromedar - vorbei, hier kann man es schon aushalten. Tagsüber wird es ordentlich heiß, die gewaschene Wäsche trocknet fast schneller, als man sie aufhängen kann - sehr praktisch. Wenn es allzu heiß wird, huscht man unter die nahe gelegene Dusche. Franki öffnet seinen Frisiersalon und schneidet Ewald die Haare. Der hat nichts Besseres zu tun, als sie in einem Plastiksackerl zu sammeln und im Womo unter einem Wäscheberg zu deponieren. Nichts ahnend zieh ich das Sackerl hervor und verstreue den Inhalt unfreiwillig im Womo. Die Freude ist groß - die Bestecklade muss es büßen. (Ewald muss sie dann wieder in den technisch vorgesehenen Zustand bringen.) Zum verspäteten Mittagessen werden Vorräte aufgearbeitet. Um 17h besteigen Annie, e und Ewald ihre Reittiere und man begibt sich gemessenen Schrittes zum Fuß einer Düne, an deren Grat die drei (ohne Dromedare!) hinaufsteigen wollen, um den Sonnenuntergang zu genießen und zu knipsen. Eva und ich belauern ihr Treiben mit Feldstechern. Ewald, der Bergsteiger, ist als Erster oben, aber Annie und Franki brauchen auch nicht viel länger. Wie es war, müssen sie selbst erzählen. -


    Nun ja, da bin jetzt wohl ich an der Reihe ein paar Worte zu verlieren.
    Anni und Fanki sind ja schon einmal auf einem Dromedar gesessen, für mich war es eine Premiere. Pünktlich (für Marokko eine Seltenheit - das heißt unüblich) waren die drei Tiere zur Stelle. Das aufsteigen war ja leicht, ich war nur etwas unsicher, was das Aufstehen des Dromedars betrifft. Es war jedoch kein Problem - ein Hubbel von hinten, ein Hubbel von vorne und das Dromedar stand ganz normal da, und ich war noch immer im Sattel. Ach ja, Sattel!!!!! Bei mir waren das lediglich zwei Holzverstrebungen links und rechts des Höckers und dazwischen eine Decke. Anni und Franki hatten da noch dicke Polster drauf. Ihr Hintern hat es ihnen gedankt.
    Majestätisch, mit einer unnachahmlichen Ruhe gingen die Wüstenschiffe dem Führer nach.


    Wir umgingen einige Dünen und waren in ca. 20 Minuten am Fuß der Düne, die wir erklimmen wollten um den nahen Sonnenuntergang zu genießen.


    Das Besteigen der ca. 120 m hohen Düne war eine schweißtreibende Angelegenheit. Dieser leichte Wüstensand gibt nach wie Neuschnee. Deshalb habe ich auch die selbe Gehtechnik angewandt. Langsam gehen, mit den Fußspitzen (in meinem Fall die Zehen, da ich ohne Schuhe unterwegs war) in den Sand schlagen und so imaginäre Treppen erzeugen. In etwa einer halben Stunde war ich oben und der Wüstenwind pfiff mir um die Ohren. Im Nu hatte ich den Mund und die Ohren voll Sand. Ich setzte mich auf die Luvseite der Düne denn da wurde der Sand weggeweht und flog nicht so hoch durch die Luft wie auf der Leeseite.
    Franki machte noch einen kleinen Ausflug auf die nächst Düne, kam aber rechtzeitig zurück um den Sonnenuntergang fotografieren zu können.


    Der Abstieg war in wenigen Minuten erledigt - man schwimmt fast mit dem Sand in die Tiefe - und wir trafen uns wieder mit unserem Führer mit seinen Kamelen. Da es in diesen Breiten sehr schnell dunkel wird, kamen wir mit der Dämmerung auf unseren Campingplatz.
    Es war ein so schönes Erlebnis, dass wir gleich beschlossen, noch einen Tag hier zu bleiben.

  • Mittwoch, 18.3.2015 Stehtag


    Ja, die Magie der Wüste kann einen schnell in ihren Bann ziehen. Dabei sind wir nur an ihrem Rand, aber der sattsam bekannte Spruch: die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner die Zeit, wird - zumindest für mich - recht rasch wirksam und die zeitlose Schönheit der Sanddünen sowieso. Es ist ordentlich warm (ca. 27°), wir liegen im Halbschatten von Tamarisken vor unseren Womos und schauen den Dromedaren zu, die in unmittelbarer Nähe von uns weiden/äsen/grasen (wie heißt das eigentlich bei Dromedaren?).Gelegentlich schauen ein paar Wolken vorbei und der Wind weht ein paar Sandfahnen vom Dünenkamm. Mehr passiert eigentlich nicht.


    Doch - in der Küche der Kasbah entsteht unser Mittagessen. Das Grillen haben die Marokkaner ja nicht erfunden, sonst ist es aber ausgezeichnet. Nachher geht es ähnlich faul weiter, bis Frankie Unruhe in den Abend bringt und ein Feuerchen entfacht, das uns letztlich alle räuchert.


    Mit einem letzten Blick in den unbeschreiblichen Sternenhimmel flüchten wir ins Womo (vor der abendlichen Kühle natürlich!).

  • Donnertag, 19.3.2015 08h50 Erg Chebbi - 12h30 Meski/CP Source bleu 125km


    Abschied von der Wüste! Fällt gar nicht so leicht, auch wenn der Sand einen ordentlich nerven kann. Wirklich bewundernswert, wie die Menschen damit leben! Die Wahl von Helmut war wirklich gelungen. Der CP liegt ganz nah bei den Dünen und ist gar nicht touristisch "verseucht", grad einmal sechs oder sieben Womos waren hier, ein einziges Quad, das sich sehr manierlich aufgeführt hat und eine sehr freundliche CP-Leitung. Hat er gut gemacht, der Helmi! Unsere heutige Strecke führt uns durchs Ziz-Tal.


    Steile ocker- und rosafarbene Steilwände, die der Ziz in die Landschaft gesägt hat, begleiten den Talboden, der praktisch eine einzige Oase ist - von oben ein toller Anblick. Tausende Palmen stehen dort unten; in ihrem Schatten gedeihen Obst, Getreide, Tabak, Olivenbäume. Ein grünes Meer. Leider ist die Oase dennoch von Abwanderung bedroht: Dürreperioden, sinkender Wasserspiegel, Pilzbefall der Palmen sind die Hauptursachen dafür. Unterwegs kaufen wir noch ein, weil es auf dem von uns angepeilten CP kein Restaurant gibt; zu Mittag sind wir schon bei der Source bleu.


    Ein wirklich stimmungsvoller, von Palmen bestandener Platz mit viel Schatten - fast zuviel! Wir Sonnenverwöhnte frieren jetzt schon bei 21° und hier ist es sehr viel frischer. Weshalb uns auch das leuchtend blaue Wasser nicht wirklich locken kann. Nach dem Essen sind wir bei einem netten jungen Mann zum Tee gebeten - natürlich, damit wir ihm etwas abkaufen. Hat der Mann Glück! Wir suchen nämlich schon eine Weile einen kleinen Teppich für eine "Problemzone" in unserer Wohnung und finden bei ihm ein passende Stück - ein Unikat. Ewald gibt eine Extravorstellung in Sachen Handeln - nach dem Motto "Leben und leben lassen" und wir ziehen hoch zufrieden mit unserem "Kleinen" ab. Das Schlafengehen gestaltet sich heute folgendermaßen: Heizstrahler anstellen, Stricksocken anziehen und alle Fenster fest zumachen!

  • Freitag, 20.3.2015 08h50 Meski - 13h40 Tinerhir/Todraschlucht 189km


    In der Nacht rieselt sachte der Regen aufs Dach, morgens lacht aber schon wieder die Sonne vom blauen Himmel. Zuerst geht es rd. 75km durch eine Hochebene, in der etliche Nomaden mit recht großen Schaf- und Ziegenherden unterwegs sind und betrachten begeistert die umliegenden Berge. Im Hintergrund schimmern die Gipfel des Hohen Atlas, die heute Nacht sicherlich angezuckert worden sind. In Goulmima gelandet machen wir uns auf die Suche nach dem alten Ksar (Lehmdorf), der noch bewohnt ist und unter entsprechend kundiger Führung auch besucht werden kann, ohne dass man sich als Eindringling fühlt. Er wurde aufgrund seiner Einzigartigkeit in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen und ich finde, das sollte man gesehen haben, wenn man Marokko und Leben in diesem Land auch nur ansatzweise verstehen will. Das Auffinden des Ksars gestaltet sich recht schwierig;



    Helmut war zwar vor zwei Jahren hier, beteiligt sich aber leider aus unerfindlichen Gründen nicht an der Pfadfinderarbeit und irgendwann ist es soweit, dass die etwas angeschlagene Gruppendynamik endgültig entgleist. Helmut wird alleine weiterfahren, Womo "Mödling" und Womo "Wien" begeben sich nach Tinehir. Leider ist der dortige CP ausreserviert, sodass wir in die Todraschlucht ausweichen zum CP "Le soleil" - ein hübscher Platz mit angrenzendem Obst- und Olivengarten.


    Schon bei der Anfahrt ergeben sich spektakuläre Blicke in die Berge, sodass man unbedingt stehen bleiben und fotografieren muss.

  • Samstag, 21.3.2015 08h30 Todhraschlucht - 16h45 Skoura 265km


    Die Strecke durch die Schlucht hat es wirklich in sich. Natürlich kennen wir aus unseren heimischen Gebirgen ähnliche "Engstellen", hier rücken die Feldwände aber wirklich extrem eng zusammen und ragen bis zu 300m praktisch senkrecht und manchmal sogar überhängend in den Himmel - in den unglaublichsten Farben, terrakotta, ockergelb, rot, grün und in den abenteuerlichsten Schichtungen und Verwerfungen - Dramatik pur. Immer wieder bleiben wir stehen, damit auch unsere Fahrer die atemberaubende Höhe mitbekommen können - am Steuer funktioniert das nicht.


    Da wir recht früh aufgebrochen sind, hat der angedrohte Touristenrummel noch nicht eingesetzt und wir haben viel Muße zu schauen und Fotos zu machen, ohne jemanden zu stören. Am Straßenrand und im Bachbett sehen wir beängstigende Felsbrocken, die sichtlich noch nicht lange hier liegen. Zweimal müssen wir durch eine Furt, beide sind vom Todhra überschwemmt. Schließlich erbarmen wir uns unserer Womos - die schönsten Abschnitte haben wir ohnehin gesehen - und kehren um. Zurück in Tinehir steuern wir den angepriesenen Supermarket "Chez Michelle" an, der sich als ausgesprochener Winzling entpuppt. Vier Bierli und Wasser, mehr lacht uns aus seinem Angebot nicht an. Dafür lacht der Hohe Atlas mit verschneiten Gipfeln auf der Weiterfahrt zu uns herüber - eine einzige Pracht. Wieder einmal entstehen unvernünftig viele Fotos. In Boumalnes biegen wir ab in die Dades-Schlucht, die so ganz anders ist als ihre Nachbarin. Sie ist zwar nicht so spektakulär wie die Todhraschlucht, dafür ursprünglicher und geologisch viel ergiebiger.


    Wir erleben einen ganz unglaubliche Farb- und Formenvielfalt der Felsen, die wunderbar kontrastiert mit dem geradezu unnatürlich frischen Grün der Vegetation. Die gesamte Talsohle wird genützt für den Anbau von Feigen- und Olivenbäumen, Gemüse, Getreide und Futterpflanzen. Schließlich wird es aber auch hier sehr eng und die Straße schraubt sich in engen Windungen steil in die Höhe. Unseren Plan, hier oben zu nächtigen geben wir aber rasch auf (CP Berbere de la montagne reizt uns sehr wenig) Auf dem Rückweg haben wir einen grandiosen Blick auf das schmale Band des Dades, der sich in schier endloser Tiefe zwischen beeindruckenden roten Steilwänden dahinschlängelt, und die scheinbar bekannte Strecke bietet aufgrund geänderter Blickrichtung und Lichtverhältnisse immer wieder neue Überraschungen. Ein großartiges Erlebnis! Sehr reizvoll ist auch die Hochebene, durch die wir Richtung Quarzazate rollen. In Skoura beenden wir den Tag; der CP Amridil liegt recht hübsch, es gibt auch sehr gutes Essen, nur die Sanitäranlagen stinken leider zum Himmel - sorry!

  • Sonntag, 22.3.2015 08h35 Skoura - 12h30 Ait Benhaddou 78km


    Nach 265km gehört ein Schonprogramm her! Dafür eignet sich Quarzazate sehr. Geld abheben, Vorräte ergänzen, herrliche Berberdekor an der Kasbah Taourirt bewundern, die Cooperative Artisanal bewundern und einem weiteren Teppich erliegen - all das kann man dort tun und noch vieles mehr. Auf die viel gerühmten Filmkulissen verzichten wir gerne, statt dessen machen uns auf den Weg zur Kasbah Ait Benhaddou.



    Wir suchen uns in der Nähe einem Campingplatz, tafeln im Freien zwischen unseren beiden Womos, duschen endlich wieder einmal ausgiebig. Jetzt am Abend schaut der Himmel leider etwas grämlich drein und der Wetterbericht für Atlas und Marrakesch ist auch nicht gerade berauschend. Mal schauen, wie sich der morgige Tag anlässt . . . .

  • Montag, 23.3.2015 10h15 Ait Benhaddou - 15h00 Ourika 219km


    Vorläufig ausgezeichnet! Ait Benhaddou ist ein Ensemble aus sechs ineinander verschachtelte Kasbahs, das sich den Hang hinaufzieht. Steile Sache! Wir kraxeln im Berberdorf umher und versuchen nachzuspüren, wie man dort gelebt hat - für uns eigentlich unvorstellbar! Viel Platz hatten die nicht, aber auch damals hat man schon schöne Fassaden gestaltet . . . . in eine winzig kleine Wohnung werden wir hinein gebeten. Der Bewohner war Komparse in einem der zahlreichen Filme für dieses architektonische Juwel als Kulisse gedient hat. Unsere Männer werden sogleich vom Spieltrieb gepackt . . . . Nach dem Abstieg machen wir uns auf den Reise nach Marrakesch. Wir fahren durch einen Rausch von Formen und Farben. Über dem schneeglänzenden Atlas steht schon eine Wolkenwalze, die Schlimmes befürchten lässt, aber bis zur Passhöhe hält das Wetter. Dann wird es nass, kalt, windig, auf Regen folgen Graupelschauer, schade, schade! Trotzdem ein großartiges Erlebnis.


    Auf der Nordseite sind wir plötzlich in einer anderen - uns wieder vertrauteren - Welt. Hier ist alles grün, Bäume, Wiesen, Felder bilden einen phantastischen Kontrast zur tiefroten Erde. Durch wundervolle Frühlingslandschaft gondeln wir nach Ourika, wo wir prompt in ein unbeschreibliches Marktgetümmel geraten. Da es in der Nacht ziemlich starke Regenfälle gab, wuseln jetzt unzählige Menschen, Zugtiere, Mopeds, Karren, Autos und ich weiß nicht, was sonst noch alles, im roten Schlamm herum. Unsere Womos, die sich da durchkämpfen wollen, wirken einigermaßen deplaciert, aber wir werden mit aller orientalischen Gelassenheit ignoriert. Schließlich haben wir´s geschafft, sind wenig später auf unserem CP und freuen uns über Sauberkeit und warmes Wasser. Das Resti des CP hat geschlossen, also marschieren wir einen Kilometer und werden fürstlich dafür belohnt. Seit vier Wochen haben wir kein so gut zubereitetes Lammfleisch gegessen - ein Gedicht! Noch dazu in einem Gastgarten! Jetzt (21h) regnet es gerade sehr ausführlich - hoffentlich beruhigt sich das Wetter bis morgen.

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