Eine Reise zum Nordkap

 

Eine Reise an das Nordkap stellt sich für mich, von Österreich kommend, etwas anders dar als eine Reise in ein Land. Es ist eine Reise mit einem Punkt als Ziel. Und das in doch großer Entfernung.

Bei einem Landesbesuch kann man eine kurze Route planen um in das Zielgebiet zu kommen. Dann fährt man kreuz und quer, um sich die Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Seien es Bauwerke, Ausgrabungen oder Landschaften.

Bei einer "Punktlandung" ist ein Ziel vorgegeben, das man erreichen will, dann kehrt man um und fährt wieder nach Hause.

Daher galt es eine gute Mischung zwischen "Kilometerfressen" und genießen und besichtigen zu finden. Diese Überlegung schlug sich auch bei der Planung nieder: Schwerpunkte suchen, die man auf jeden Fall sehen möchte - und Gegenden, die man vorüberfließen lassen will.

Also haben wir uns über die Anreisemöglichkeiten - Fahrtwege, Fähren, ev. Zollformalitäten, Preise, Wechselkurse e.t.c. kundig gemacht. Weiters suchten wir uns aus den Unterlagen - Fremdenverkehrsbüros der jeweiligen Staaten sind immer ein guter Tipp für Reiseunterlagen - heraus, was wir uns an der geplanten Strecke anschauen wollten. Die Mischung aus Fahrtstrecke/Tag und verweilen/besichtigen sollte sich während der Fahrt und je nach Wetterlage ergeben.

Fix war dann nur, dass wir Anfang Juli wieder zu Hause sein wollten.

So weit, so gut.

Was macht man, wenn sich zum Zeitpunkt der Abreise herausstellt, dass die geplante Strecke nicht gefahren werden kann?

Man macht alles anders, fährt eine andere Strecke und hantelt sich anhand der Unterlagen und dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Abreise dem geplanten Ziel entgegen........

Mai 2010
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6 7 8 9 10
11 12 13 14 15
16 17 18 19 20 Eggenfeld
21 Eining 22 Borken 23 Stove/HH 24 CP-Storebelt 25 Ringsjön
26 Vättersee 27 Linköping/ Vretakloster 28 Bärbo 29 HI Fogdön 30 Stockholm
31 Stockholm        
Juni 2010
1 Stockholm 2 Uppsala 3 Härnösand-Lulea 4 Ramea-Nygard 5 Narvik – Skibotn
6 Alta 7 Lathari – Leseby 8 Inari 9 Luosto 10 Tornio
11 Kalajoki 12 Revlot 13 Sideby/Udd 14 Iittala 15 Lahti
16 Helsinki 17 Helsinki 18 Tallin 19 Tallin 20 Insel Hiiuma
21 Saaremaa – Muhu 22 Riga 23 Riga 24 Kaunas 25 Stary Forwalk
26 Wygryny 27 Wygryny 28 Warschau 29 Suchednio 30 Krakau
31        
Juli 2010
1 Zakopane 2 Olmütz 3 Nove Mylny 4 Wien 5
6 7 8 9 10
11 12 13 14 15
16 17 18 19 20
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31        
 

Mittwoch 19. Mai 2010 Wien 11h40 348km
Das war der Plan: über Slovakei – Polen – Litauen – Lettland – Estland nach Finnland und dort nordwärts bis zur Grenze FIN/N und weiter ans Nordkap.
Wie gesagt das war der Plan. Zur Zeit sind jedoch Teile Tschechiens, der Slovakei sowie Südpolens “Landunter”, sodass dieser Anreiseweg buchstäblich ins Wasser fällt.  Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben  ebenfalls Hochwasserwarnung, also hilft auch kein großräumiges Ausweichen bzw. Anpirschen ans Baltikum von Westen.
Gut dann eben nicht ! Wir nehmen die “Landverbindung” nach Schweden  ins Visier und machen uns auf den Weg dorthin – gemütlich wie immer. A1, A25, Suben – auf der Fahrt dorthin stellen sich sehr beunruhigende Fahrgeräusche ein (hatten wir das nicht alles schon einmal !?!?!?!). Wir suchen uns im Internet eine IVECO-Vertretung, die erfreulicherweise in Eggenfelden - 10km von unserem geplanten Stellplatz in Massing  - liegt, fahren ganz vorsichtig dorthin und dürfen dann demütig die ärztliche Diagnose entgegennehmen: beide vorderen Radlager sind im Eimer.
So gesehen ist die durch das Hochwasser erzwungene Routenänderung ein Geschenk des Himmels – wenn auch nicht für die von den Fluten betroffenen Menschen. Die Vorstellung, das Ganze passiert in Polen oder im Baltikum, hat keinerlei Reiz.
Mit der Fa. IVECO in Wien werden wir uns allerdings wohl nochmals unterhalten müssen – immerhin kommt der Minimax grad vom großen Service, das diese Kontrolle vorsieht – und uns als durchgeführt bestätigt wurde. Rrrrrrr.
Das ist kein Renommee - wir werden uns eine andere Werkstätte suchen.
Ansonsten setzen wir unsere Übungen in Regenwetter fort, stehen jetzt auf dem Parkplatz der Werkstatt und warten auf unsere Behandlung.

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Donnerstag 20. Mai 2010 Eggenfeld 14h15 137km
7h30 ist Tagwache ! Die Ersatzteile sind schon da!  Das Frühstück wird unterbrochen und Minimax in die Halle gebracht. Interessant schaut so ein Womo von unten aus – sieht man eher selten. Während das Womo bei der Fa. Fuhrmann in der Zellhuberstraße 5 behandelt wird, wandern wir in den Ort, beheben vorsichtshalber schon einmal einen Basisbetrag beim Bankomaten und betrachten den hübschen Stadtplatz – erinnert an die Stadtplätze des Innviertels – Schärding, Braunau . . . .

Um 14h ist der Patient fertig, der Mechaniker kommt aus dem Kopfschütteln nicht heraus, dass man uns das Fahrzeug nach einem großen Service in diesem Zustand ausgefolgt hat. Na ja, ganz ohne Nachspiel wird das nicht abgehen können – schon allein wegen der möglichen Folgen im Fall eines Unfalls . . . den es Gott sei dank nicht gegeben hat.
Jetzt schnurrt der Minimax leise und zufrieden die Straßen entlang durchs saftig grüne Bayern, bis wir müde werden und uns nach einem Stellplatz umschauen: Fündig werden wir – ja, an der jungen Donau. Recht schmal ist sie hier noch, aber doch schon flott unterwegs und eine Rollfähre gibt´s hier auch. Das Wirtshaus des Fährmanns ist geschlossen, daher genießen wir paradiesisch ruhige Zustände, herrliche Luft und vergnügtes Vogelgezwitscher in der Au.  Wenn hier kein Betrieb ist, ein idealer Stellplatz; “hier” ist das Nest Eining, erreichbar über die B 299 von Süden kommend, in Neustadt Richtung Bad Gögging abbiegen (dort gibt es übrigens einen recht hübschen offiziellen Womo-Stellplatz; wir wollten´s aber lieber einschichtiger) und von dort weiter Richtung Kelheim bzw. Weltenburg; in Eining Abzweig nach links Richtung Fähre, gut ausgeschildert.

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Freitag 21.Mai 2010 Eining/Donau 09h50 435km
Heute steht leider Kilometerfressen auf der Autobahn am Programm.  Nürnberg – Würzburg - dann auf A7 Fulda – Bad Hersfeld. Die Autobahn führt durch wunderschöne Landschaft, die Rhön gefällt uns besonders gut. Überall leuchten die Rapsfelder in einem geradezu ekstatischen Gelb und entschädigen für die recht ermüdende Fahrerei – es herrscht nämlich ziemlich dichtes Verkehrsaufkommen. Kurz vor Kassel verlassen wir deshalb die Autobahn und begeben uns ins Grüne auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz, den wir im Läppi einem deutschen Stellplatzverzeichnis entlockt haben. Die Stadt Borken/Hessen hat gleich zwei davon; wir nehmen den beim Hallenbad und machen vor dem Abkochen noch einen Abendspaziergang durch ein interessantes Naturschutzgebiet: hier gibt es einen “ertrunkenen”  Braunkohleabbau, der sich wieder mit Wasser gefüllt hat und es noch immer tut.

Aufgrund des extrem nährstoffarmen Wassers ist hier ein einzigartiges Ökosystem entstanden, das unter Schutz gestellt wurde. Das Hallenbad hat freitags leider um 18 Uhr Betriebsschluss – völlig unbegreiflich – daher war leider keine Abendschwimmen drin. Schade!
Morgen fressen wir weiter Kilometer, es sollte möglich sein, bis Hamburg zu kommen, wenn sich nicht eine Pfingstverkehrshölle auftut.

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Samstag 22. Mai 2010 Borken/Hessen 09h00 383km
Verkehrshölle ist es zwar keine, aber doch ein recht ausgewachsener Stau, dem wir bei Hannover zu entgehen versuchen und kerzengerade in den nächsten hineingeraten. In Celle ist eine Straße plötzlich zu Ende (kennen wir bis jetzt nur von der Türkei) und es staut sich neuerlich.  Wir machen kurzen Prozeß und verabschieden uns wieder einmal ins Grüne. Dort findet sich ein sehr netter Stellplatz (Eschede an der Landesstraße 191), wo wir gleich Brotzeit machen. Dann geht´s weiter Richtung Winse, dem Orientierungspunkt für das Auffinden unseres heutigen CPs.
Endlose Alleen führen uns durch die Lüneburger Heide; wir kommen durch Dörfer mit herrlichen alten Fachwerkhäusern, auf den dunkelroten Ziegelmauern so mancher Höfe sitzen noch tief herabgezogene Reetdächer und alle Gärten sind schon herausgeputzt für das bevorstehende Pfingstfest.
Sogar das Wetter hat sich ins Zeug gelegt und die Sonne schickt ein paar freundliche Strahlen herunter auf die bunten Vorgärten, den aufgeregt leuchtenden Raps und die langen Reihen der Spargelfelder.  Hier gibt es wirklich Spargel satt.  Und was für welchen !!!!!!  Weil es so lange kalt war, ist er gerade jetzt reif, ein Gedicht – das ganze Womo duftet . . . . .
Nach kurzem Suchen finden wir auch unseren CP. Es ist zwar nicht klar, warum ihm alle 5 Sterne verliehen wurden, aber er hat unbestritten seinen Reiz – er liegt nämlich direkt an der Elbe – zumindest ein Teil und auf dem stehen wir jetzt  (Stover Strand CP in Drage, ACSI – Campingführer, Seite 208, Ausgabe f. 2010)

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Sonntag 23. Mai 2010 CP Stove/HH Stehtag
Herrliches Stadtbesichtigungswetter – sonnig, aber nicht heiß. Wir fahren per Öffi nach Hamburg hinein, erst S-Bahn, dann U-Bahn, nein doch S-Bahn, weil auf einem Streckenabschnitt Bauarbeiten im Gang sind. So lernen wir den Untergrund Hamburgs kennen. . . . . Wir kommen bei den Landungsbrücken an – eine ganz eigene Welt, dirigiert von Fluss und Gezeiten. Wir besuchen den Michl, Hamburgs Wahrzeichen, der uns besonders im Inneren sehr gut gefällt.

Von dort wandern wir quer durch die Innenstadt. An Feiertagen ist dieser Teil der Stadt mit seinen Bank-, Handels- und sonstigen Palästen praktisch leergefegt und wirkt viel zugeknöpfter als an Wochentagen.

Aber ein nettes Lokal finden wir am Herrengraben, wo wir elsässische Flammkuchen probieren – schmeckt sehr gut – eine Art Brotflade mit sehr schmackhaftem Belag. Wir haben ausgesucht Speck, Zwiebel und Rahm, geben tut´s das auch mit Apfelmus und Rosinen . . .
Frisch gestärkt geht es weiter an die Alster, wo der Alsterpavillon geradezu überquillt vor Menschen; alle freuen sich über das bildschöne Pfingstwetter und genießen die Frühlingssonne.

Damit wir auf dem Wasser auch noch was davon haben, kehren wir zurück zu den Landungsbrücken und machen eine Hafenrundfahrt. Es geht an den Museumsschiffen entlang

in den Südhafen, in die Speicherstadt, zu den Docks - unglaubliche Dimensionen sind das, wirklich sehr eindrucksvoll. Dann fahren die müden Wanderer wieder nach Hause,

Lokal in Bergedorf - in der Nähe des Bahnhofes nach (von) Hamburg machen das Womo reisefertig und schauen dem Sonnenuntergang zu – dem Wetterbericht zufolge wird´s jetzt wieder längere Zeit nix mit Sonne. Ein Tief vor der Küste Deutschlands und über ganz Südskandinavien – wie schön!
Morgen fahren wir nach Dänemark.

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Montag 24. Mai 2010 CP Stove-CP-Storebelt 09h50 - 16h00 435km
Noch einmal Kilometerfressen;  wir trennen uns vom Elbufer und rollen durch das von unzähligen Kanälen durchzogene Land nach Hamburg, unter der Elbe durch und verlassen das “Tor zur Welt” bei schauderhaftem Wetter. Das bessert sich aber bald, auf der Höhe des Nord-Ostsee-Kanals schaut´s schon wieder  recht freundlich her. Ganz flach wird es, dann sind wir auch schon an Flensburg vorbei und in Dänemark. Schön ist es hier, der weite Himmel des Nordens, den ich so sehr liebe, das Land grün-gelb gewürfelt, viele Windräder drehen sich und schon sind wir auf der ersten Brücke, Nyborg-Korsor.

stoerebelt-cp  stoerebelt 
stoerebelt-abend

Bis hierher und nicht weiter haben wir geplant. 435km sind genug, wir sind nicht auf der Flucht und werden an der Rezeption des CP Stortebelt ausnehmend freundlich in Empfang genommen. Wir bekommen einen herrlichen Platz, erste Reihe fußfrei mit fabelhaftem Ausblick aufs Meer samt Brücke, die übrigens eine Schönheit ist.  Der Wind legt heftig zu und das Wasser wechselt alle paar Minuten die Farbe – vor lauter Schönheit vergesse ich aufs Reisebericht schreiben. Besondes angetan bin ich auch von den Sanitäranlagen:   in kleinen Häuschen gibt es   neben den üblichen Toilettenanlagen Familienduschräume, der ganze Clan kann da gleichzeitig rein, wenn er will, ohne Trennung in Männlein/Weiblein.  Sehr gescheit! Zum Abendessen wird der letzte Spargel vernichtet; aufgrund der Helligkeit übersehen wir die Zeit und verpassen den Wetterbericht im Fernsehen – um 21h ist es noch taghell, aber dafür saukalt. Der Wind orgelt ordentlich, das Einschlafen wird schwierig, das Womo ruckelt wie bei einem Erdbeben.
P.S. Dänemark ist durchaus nicht so brettleben, wie wir uns das vorgestellt haben, was wir auch dem ACSI-Führer -  zunächst mit einigem Schmunzeln  - entnehmen durften: Auf Bergstraßen und anderen ansteigenden Straßen hat der bergauffahrende Verkehr Vorrang vor dem talfahrenden.

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Dienstag 25. Mai 2010 Storebelt - Ringsjön 10h30 195km
Langsam stellt sich Skandinaviengefühl ein; wir queren gemütlich die Insel Seeland, umrunden Kopenhagen und finden uns auf der Öresundbrücke wieder

– und dann begrüßt uns Schweden mit echten Nordlandwetter. Über den blauen Himmel jagen die Wolken und ihre Schatten ziehen über die Felder, die sich silbrig grün unter dem heftigen Wind ducken. Wir haben es nicht so eilig; der Dom in Lund wird schon noch da sein, wenn wir ankommen. Schließlich tut er das schon seit 1000  Jahren. Wir parken unser Womo zufällig neben dem Botanischen Garten der Universität und entdecken den Frühling aufs  Neue. Soweit waren wir in Österreich vor ca. 3-4 Wochen. . . .  dann landen wir auf dem Marktplatz, füllen unser Reisebudget mit Schwedenkronen auf und stehen plötzlich völlig unvorbereitet inmitten kopfsteingepflasterter Straßen

und schmaler Häuser vor der - aus hellen Steinquadern erbauten  -  mächtigen Domkirche, deren  Innenarchitektur geradezu monumentale Dimensionen hat.

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Besonders eindrucksvoll ist das erlesene Schnitzwerk des Chorgestühls, die Krypta, der älteste Teil des Kirchenbaus und als interessantes Detail die um 1380 entstandene astronomische Uhr, die das Weltbild der Antike widerspiegelt und die Erde ins Zentrum des Universums stellt.
Auf dem Rückweg ist noch ein Coop-Besuch fällig, dann verlassen wir die Universitätsstadt, die trotz ihrer 30.000 Studenten eher wie eine ruhige Kleinstadt wirkt und nehmen unser Schlafziel ins Visier. Verlässt man Lund auf der E22 nach Nordosten, kommt man zu einem gar nicht so kleinen See, dem Ringsjön, der von einer kleinen Halbinsel fast zerteilt wird. Auf dieser HI finden sich: ein Golfplatz, ein Restaurationsbetrieb, das klitzekleine Bosjökloster (1080 gegründet, heute in Privatbesitz), zu dem ein ganz reizender Garten gehört, der bis zum See hinunterreicht.

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Leider war niemand an der Kasse, um einen Obolus einzutreiben oder sonst irgendwie hinderlich zu sein; so mussten wir das ganze bezaubernde Anwesen auf eigene Faust erkunden – was das Filmminuten gekostet hat!
Und der Clou der Sache: der  - von uns dazu ernannte - Stellplatz liegt direkt vor dem Kloster – wir schlafen heute sozusagen im Schutz der Kirche.

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Mittwoch 26.Mai 2010 Ringsjön – Vättersee 10h00 – 16h30 384km
Wir verlassen das liebliche Schonen und wenden uns nach Norden Richtung Vättersee. Allmählich nimmt uns der Wald auf, Nadelwald durchsetzt mit lichtdurchflutetem jungem Birkenlaub, darüber der weite nordische Himmel – ideales Reisewetter und wenig Verkehr dazu. Auf der B 23 bis Hässleholm, B 117 bis Markaryd, dann auf der E 4 Ljungby – Värnamo – Taberg. Knapp vor Jönköping auf B40/26 – und Abzweig auf B 195 Richtung Hjo, den Vättersee entlang. Immer wieder hat man zwischen den Birken herrliche Ausblicke auf die riesige Wasserfläche, auf der sich noch gar keine Boote tummeln – vielleicht zum Wochenende dann.
In Baskarp geht´s hinunter zu einer winzigen Marina, neben der es auch einen Sandstrand gibt – dort machen wir Pause, essen eine Kleinigkeit, bummeln durch den Yachthafen und genießen den traumhaften Blick auf den See.
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Dann wird es langsam Zeit für unseren Übernachtungsplatz. Die B 195 endet bei der B 49, auf die wir nach rechts abbiegen; ca. 18km nach Karlsborg zweigt man nach links ab Richtung Bocksjö, Stennkällengarden bzw. Tivedens Nationalpark. Der Campingplatz hat zwar geöffnet, wir begnügen uns aber mit einem Mondscheinplatz, der stolze 17,-- Euro kostet; wer weiß, was wir sonst gelöhnt hätten. Aber wir haben uns diesen Park in den Kopf gesetzt und außerdem ist die Gegend einfach traumhaft. Ein Moorsee, ringsum Wälder und Wiesen voller Blumen und blühender Obstbäume und eine sagenhafte Ruhe; der CP ist praktisch noch völlig leer. Wenn das Wetter hält (dzt. wolkenlos !), werden wir morgen im Nationalpark ein bisschen per pedes unterwegs sein.

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Donnnerstag 27.Mai 2010 Bocksjö – Linköping/Vretakloster 09h00-16h40 85.120-85.256   136km
Ein Schwedentag wie im Bilderbuch!  Aufbruch um 09h00, Rückkehr um 14h. Wir sind ein bißchen gegangen – allerdings über Stock und Stein, die Trollkyrkarunde ist tatsächlich” etwas unwegsam”! Trotzdem ist die Wanderung ein einzigartiges Naturerlebnis – zumal bei diesem phantastischen Wetter. Hier liegen sie, die Zeugen der Eiszeit, Spuren von Gletschermühlen sind zu sehen, wir wandern über riesige glattgeschliffene Granitflächen, kommen an klaren Moorseen vorbei, deren ph-Wert so niedrig ist, das darin keine Fische mehr leben können – und natürlich jede Menge entsprechende Flora.
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Für Orchideen ist es noch zu früh, aber wir begegnen wieder der weißen Rentierflechte, ich entdecke Rosmarinheide und vieles andere. Besonders beeindruckt bin ich von den vielen dünnen Baumwurzeln, die sich auf der Suche nach den kleinsten Ritzen  über die blanken Granitflächen hin verästeln, um Halt zu finden und Wasser zu bekommen. Nach 5 Stunden bin ich dann aber doch ziemlich erledigt und dankbar, wieder beim Womo zu sein. Auf dem Weg nach Linköping, unserem nächsten Ziel, entdecke ich ein weiteres Kloster, das Vretakloster, dessen Parkplatz sich als idealer Stellplatz entpuppt. Im übrigen ist es ein Frauenkloster aus dem 12 Jh., das ich morgen noch anschauen muss.
Aber jetzt geht´s in die Federn.

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Freitag, 28.Mai 2010 Vretakloster/Nyköping/Bärbo 10h00-16h00 140km
Ganz so schnell geht es dann doch nicht; nachdem es aufgehört hat zu regnen, bekommen wir noch ein Schlafengehprogramm frei Haus geliefert.
Nach einem prachtvollen Sonnenuntergang beginnt der Himmel im Westen regelrecht zu brennen und gegenüber im Osten wölbt sich am tintenblauen Himmel ein riesiger Regenbogen übers Land – wir können ihn vom einen bis zum anderen Ende verfolgen – ein herrliches Schauspiel, das man in verbautem Gebiet kaum je zu sehen bekommt.

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Heute haben wir im übrigen wieder strahlenden Sonnenschein mit einer Wolkenarmada am Himmel und gehen an die Besichtigung des besagten Klosters, das eines der ältesten Schwedens ist. Der romanische Bau aus ganz hellem Kalkstein wirkt von außen recht kompakt; innen ist die schlichte einschiffige Hallenkirche lichtdurchflutet und von bemerkenswerter Leichtigkeit. Hier hat es mir ganz besonders gut gefallen.

Linköping – die mächtige Domkirche. Auch hier wurde im 12. Jh mit der Errichtung einer Steinkirche begonnen, deren Grundriss schon ungefähr dem des heutigen Domes entsprach. Architektonische Besonderheiten sind das elegante Steingewölbe und große Fenster, denen das dreiteilige Kirchenschiff seine Helligkeit verdankt.  Besonders gefallen uns die modernen gewebten Bildteppiche mit biblischen Motiven so wie überhaupt das unproblematische Neben- und Miteinander von alt und neu und das betonte Einbeziehen der Kinder in das Kirchengeschehen.

 

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Von den himmlischen begeben wir uns nun in die irdischen Gefilde und besuchen die Gamla Linköping, ein frei zugängliches Freilichtmuseum, in dem rund 60 historische Gebäude aus dem 18. und 19.Jh versammelt sind, die von ihren ursprünglichen Standorten hierher versetzt und mit allen Details liebevoll zu einer Altstadt zusammengefügt wurden. Kopfsteingepflasterte Gässchen, Gaslaternen und alte Straßen- und Geschäftsschilder tragen zum nostalgischen Flair ebenso bei wie Einblicke in vergangene Produktionsvorgänge wie Buch- und Zeitungsdruck, Papiererzeugung, Spitzenklöppelei, Postwesen u.v.a.m.

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Dann wird es wieder Zeit für Schlafplatzsuche und weil wir doch jetzt so gute Erfahrungen mit Klöstern haben, versuchen wir es wieder. Diesmal wird es allerdings nur eine kleine Kirche, recht entlegen, dafür in einer bildschönen Gegend. Sie hat einen “Campanile”! Natürlich nicht so einen, wie wir ihn aus Italien kennen, aber doch immerhin ein aus massiven Bohlen gezimmertes Gerüst neben der Kirche, in dem zwei Glocken hängen. Im Nachbarhaus haben wir gefragt, ob wir bleiben dürfen. Die haben nichts dagegen; im Mesnerhaus ist keiner da und der liebe Gott in der Kirche wird auch nichts dagegen haben, dass wir heute neben seinem Haus schlafen.
Baltische Diebesbanden finden sicherlich nicht hierher.

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Samstag 29. Mai 2010 Bärbo/Mariefred/HI Fogdön 09h00-16h30 170km
Lauter Himmel, lauter Wasser, lauter Grün, gelegentlich überschäumende Obstbaumblüte – jetzt sind die Apfelbäume an der Reihe, die Kirschen sind schon fertig.  Heute wollen wir uns Schloss Gripsholm ansehen. Der Wettergott spielt wieder brav mit und setzt das malerisch am Mälarensee gelegene Schloss sehr gekonnt in Szene.

Luxuriöses Interieur vom 16. – 19. Jh ist zu besichtigen, das samt Kulissen und Ausstattung original erhaltene Schlosstheater. Das Schloss beherbergt im übrigen eine Portraitsammlung mit rund 4000 Gemälden – die bedeutendste Schwedens. Mariefred ist ein winziges Städtchen, ähnlich der Gamla in Linköping, allerdings ordentlich belebt.
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Es ist Samstag, irgendwas wird gefeiert, vielleicht nur, dass Frühling ist. Der Rathausplatz ist voller Menschen, sogar eine Musikkapelle kommt dahergeschritten, es duftet nach Würstchen, die Dampfeisenbahn, die schon Tucholsky erwähnte, pfeift fröhlich und spuckt eine Menge unglaublich dunklen Qualm aus – richtige Volksfeststimmung!

Wir wandern einmal durch den Ort, sehen ein paar hübsche Dinge, dann machen wir uns allmählich auf den Weg zum Übernachtungsplatz. Der ist dort, wo die Wolken am schwärzesten sind und wir fahren mitten in einen saftigen Wolkenbruch hinein. Binnen kürzester Zeit ist es stockfinster, genauso schnell ist der Zauber aber wieder vorbei und wir stehen schon wieder bei Sonnenschein auf einem großen Sportplatz- und Schulparkplatz in Lundby auf der HI Fogdön.

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Sonntag 30. Mai 2010 Lundby-Stockholm
Und es ist auch heute wieder strahlend schön. Auf dem Weg nach Stockholm machen wir einen kurzen Zwischenstop in Strängnäs, einer kleinen Stadt am Mälarensee. Hoch oben auf einem Hügel thront eine riesige Windmühle, zu ihren Füßen liegt ein blitzsauberer Yachthafen und im Stadtkern gibt es noch etliche altschwedische Holzhäuser;

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alles ganz klein und sehr heimelig mit liebevoll gestalteten Fenstern. In fast jedem zweiten steht eine kleine Lampe – Licht ist in diesem Land wirklich ein Thema. Im Sommer richtet sich das ganze Leben danach aus; wenn es im Herbst schwindet, holen es die Menschen mit allen Mitteln in ihre Häuser zurück. Es spielt auch eine wichtige Rolle in der Domkirche der Stadt. Auf ihrem Hügel ragt sie so unvermittelt zwischen den umliegenden kleinen Häuschen auf, dass man den Bau gar nicht in seinem gesamten Ausmaß erfassen kann. Im Inneren strömt durch große Fenster Licht in das Kirchenschiff und auf den goldenen geschnitzten Flügelaltar im Chor, die hellen Felder im Kreuzrippengewölbe sind mit zartfarbigen Blatt- und Blumenranken ausgemalt, alles wirkt freundlich und heiter – auch die Musik, die gerade geprobt wird und die Menschen, die damit beschäftigt sind, den Gottesdienst vorzubereiten.

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Wir bleiben eine ganze Weile, so gut gefällt uns dieser unverkrampfte und fröhliche Umgang mit Kirche und Religion, dann ruft uns aber doch Stockholm.
Eine bezaubernde Stadt – dabei waren wir noch gar nicht wirklich drin. Nur durchgefahren auf der Suche nach einem CP, gelotst vom Navi-Weibchen, das uns mitten durch Gamla Stan und den dortigen Sonntagstrubel jagt. Herrlich, dieses Ineinandergreifen von Stadt und Wasser, die Schiffe, die so selbstverständlich verkehren wie bei uns die Bim, der Verkehr ein einziges Gewurl von Autos, Radfahrern, Fußgängern, Reitern (!) und das alles bei blitzblankem Sonntagswetter. Aber ohne Fleiß kein Preis: der erste CP ist aufgelassen, den zweiten erarbeiten wir uns tapfer mit Unterstützung des Navi, dafür wohnen wir jetzt im Grünen recht idyllisch an einem kleinen See, sind aber trotzdem sehr gut ans Verkehrsnetz angebunden. Hausputz (klein) und Wäschewaschen sind schon erledigt, gegrillt haben wir auch schon (im Badegwand) und morgen ist Stockholmtag!

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Montag /Dienstag 31. Mai 2010/1. Juni Stockholm Stehtag bzw. Weiterfahrt
Unsere letzte “geplante” Stadtbesichtigung (Prag) vergangenen Herbst war ja wegen “innerer Unruhen” ins Wasser gefallen. Stockholm nicht – allerdings findet die Stadtbesichtigung eher auf dem Wasser statt. Tatsächlich bezieht die nordische Hauptstadt einen Großteil ihres Charmes aus ihrer Lage am Wasser, am Übergang vom Mälarensee zur Ostsee. Die älteren Stadtviertel verteilen sich auf 14 Inseln, gekennzeichnet durch zahllose historische Gebäude mit Kupferdächern und goldüberzogenen Turmhauben, in den Außenbezirken kann man die Entwicklung modernen Wohnbaus nachvollziehen und eingebettet ins üppiges Grünland liegen zahlreiche eindrucksvolle Schlossanlagen.
Als erstes machen wir einen T-Ban-Ausflug zur Kugel des Ericson-Gebäudes, auf dessen Außenhaut eine kleine Kugel mit den Passagieren auf einer raffinierten Konstruktion gen Himmel schwebt. Sky View heißt das Ganze sehr sinnig und ist äußerst spannend, denn natürlich ist diese Kugel durchsichtig und man kann das Geschehen genauestens verfolgen. Oben angekommen hat man einen großartigen Ausblick auf die umliegende Schärenlandschaft, der Innenstadtbereich mit den historischen Gebäuden ist aus dieser Höhe und Entfernung allerdings nicht auszumachen.

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Nach unserem luftigen Abenteuer fahren wir zurück ins Zentrum und beginnen mit unserer Stadtbesichtigung.
Wir wandern durch Gamla Stan, besuchen das Königliche Schloss, fahren mit Hop in-Hop-off-Booten zwischen den Inseln umher, nachdem wir  mutig vom CP Rösjö mit Öffis angereist sind.

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Das Verkehrskonzept der Stockholmer Stadtväter ist konsequent und erfolgreich umgesetzt. Wir haben die Stadt am Sonntagnachmittag, den ganzen Montag und Dienstag erlebt – das Individualverkehrsaufkommen in den inneren Stadtbereichen ist wochentags gegenüber dem sonntäglichen Ersteindruck geradezu lachhaft gering – dafür wird eifrigst und ziemlich temporeich geradelt, dafür verkehren U-Bahn (hier T-Banan genannt) und Busse mit einer Frequenz, von der unsereins nur träumen kann. Dazu kommen, wie gesagt,  zahlreiche Bootslinien, die eine denkbar unkomplizierte Verbindung von Insel zu Insel bewerkstelligen.
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Und mit denen sind wir heftig unterwegs, um uns ein bisschen umzuschauen, denn zwei Tage sind nicht viel, um Stockholm etwas näher kennenzulernen – und länger wollen wir jetzt doch nicht mehr im Süden bleiben, sonst kommen wir nie ans Nordkap. Gamla Stan – Königliches Schloss, Djurgarden, Vasa-Museum,

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Biologisches Museum (ganz eigentümliche Ausstellung von suggestiver Stimmung, die in einem 360° Panoramagemälde ergänzt durch zahllose Naturexponate die skandinavische und arktische Tier- und Pflanzenwelt darstellt), Museum mit historischen Booten – kurz, es ist kein Ende zu finden. Hier muss ich wohl noch einmal her – am besten mit dem eigenen Fahrrad auf dem Womo. Jetzt heißt es aber erst einmal Abschied nehmen von dieser Stadt, wo “die Schiffe fast die Häuserzeilen streifen” . . . . .
Wir möchten noch dem Dom in Uppsala einen Besuch abstatten, dann geht es ans Eingemachte – der Norden ruft.
Genächtigt wird heute auf einem Friedhofsparkplatz, direkt neben einer Volksschule im Großraum Uppsala. Es ist jetzt 22h und die Sonne ist nun auch gerade untergegangen.

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Mittwoch 2. Juni 2010 Uppsala/Härnösand 12h45-18h45 417km
Ein mächtiges Bauwerk ist er schon – der Dom in Uppsala, aber er lässt den Besucher nicht so leicht an sich heran, wie die anderen Kirchen, die wir in den letzten Tagen gesehen haben. Riesige Türme, roter Backstein, von außen recht schmucklos eigentlich, aber respekteinflößend. Das Kircheninnere – durch zwei Pfeilerreihen sehr schön strukturiert, ist wieder hell, freundlich, das hoch aufstrebende Langhausgewölbe ist mit Malereien in lichten Farben geschmückt. Sarkophage und Grabplatten vieler weltlicher Machthaber sind hier neben zahlreichen ihrer Insignien untergebracht;
Dann geht´s gen Norden, wir nudeln brav die E 4 entlang; das ist zwar für den Fahrer fad, aber die Landschaft ist einfach einzigartig. Der Titel “Und ewig singen die Wälder” ist zwar reichlich abgegriffen, aber er passt. Unendliche Wälder, so weit man schauen kann, Wasserflächen in den unwahrscheinlichsten Blautönen, ob Fjorde oder Seen, ist nicht immer eindeutig zu erkennen aber letztlich unwichtig. Es ist einfach bildschön. So kommen wir recht stressfrei nach Umea und durch Zufall zu einem herrlichen Übernachtungsplatz. Zu finden ist er so: auf der E4 an Sundsvall und Timra vorbei, 54km weiter Abzweig auf die Halbinsel Härnösand, ins Zentrum, nach Osten über den Fluß, unmittelbar danach rechts Richtung Landsarkivet abbiegen, dann Kreisverkehr, dort erste Ausfahrt Richtung Simhall nehmen, dort ist auch ein blaues Schild mit Wohnwagenanhänger. Und plötzlich steht man am Wasser, hat reichlich Parkraum, von dem ein Teil für Womos bzw. Wowas ausgewiesen ist – und keiner verlangt was dafür!  Vor uns liegt in der Abendsonne ein blitzblauer See mit kleiner Marina, schöner geht´s nicht.

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Donnerstag 3. Juni 2010 Härnösand-Lulea/Ramea 9h30-17h00
Die Wolkenbank von gestern hat nachts ein paarmal aufs Womo getröpfelt, aber der Morgen macht wieder Ordnung am Himmel – vorläufig zumindest.  Bis Skelleftea ist alles sehr erfreulich, dann ist aber Schluss mit lustig und es beginnt erbarmungslos zu schütten, dazu weht ein ziemlich kräftiger Wind aus Westen, der das Fahren zur Arbeit werden lässt. Trotzdem bringen wir an diesem Tag 568km hinter uns und morgen soll es in den Raum Kiruna - Gällivare gehen. Vielleicht regnet es sich über Nacht aus, Ewald schwebt der Abisko-Nationalpark vor – keiner weiß, wie´s dort aussieht; Schnee, Sumpf, Wiesen, Steine, Moos ?????
Unser heutiger Ü-Platz ist die Marina des Ortes Ramea, ca. 25km nach Lulea rechts abbiegen (den ausgewiesenen CP gibt es nicht mehr), dann links Richtung Küste und unmittelbar vor der Marina rechts einbiegen. Wiesenplatz mit ein paar geschotterten Flächen hinter einer Reihe Bootshäuser.

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Freitag 4. Juni 2010 Ramea-Nygard/N 09h50 508km
Wie´s im Abisko-Nationalpark aussieht ?  Siehe oben: Schnee, Eis, Sumpf, Steine, Rentiermoos, Wiesen – letztere allerdings noch strohfarben und vom letzten Schnee flachgedrückt. . . .
Es beginnt sehr erfreulich. Der Regen hat aufgehört, während des Frühstücks (zu diesem gehört seit dem letzten Brotkauf übrigens das Zeremoniell des Rosinenbohrens) macht auch der Sturm seinen letzten Schnaufer und wir brechen unter blauem Himmel auf nach Gällivare. Wunderbares Reisewetter, die Fichten- und Birkenwälder reichen bis an den Horizont, dann lichtet sich der Baumbestand, große Sumpfflächen durchsetzt mit Felsbrocken geben immer besser den Blick auf die vielen tiefblauen Seen und Tümpel frei – in ihrer Kargheit eine unglaublich schöne Landschaft. Die ersten Rentiere stehen am Straßenrand und schauen uns mit mäßigem Interesse an. Wir rollen so problemlos dahin, dass wir fast übersehen, das wir bereits beim Polarkreis angelangt sind.
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Wieder einmal werfen wir unsere Pläne   über den Haufen und fahren weiter Richtung Kiruna, der größte Erzgrube der Welt. Hier werden pro Jahr 25 Mio. Tonnen Erz gefördert, das mit der Erzbahn nach Lulea oder nach Narvik gebracht wird. Dorthin setzen auch wir unseren Weg weiter fort und sind nach kurzer Zeit in Lappland. Innerhalb der nächsten Stunde ändert sich das Landschaftsbild schlagartig. Wir kommen über die Baumgrenze und plötzlich besteht die Welt nur mehr aus Stein, Wasser, Eis und Schnee.
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Der riesige Torneträsk-See, der sich bis zur norwegischen Grenze erstreckt, hat teilweise noch eine Eisdecke, an der allerdings schon sichtbar die Sonne nagt. Durch die Einwirkung von Wasser und Wind entstehen auf der Eisfläche phantastische Muster, vereinzelt schwimmen auch Eisschollen im grünen Wasser und ringsum stehen rundgeschliffene grüngraue Berge, an denen sich Wolken stauen, die uns in Schneegestöber einhüllen.

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Also kein Abisko-Nationalpark, so grandios die Landschaft auch ist. Man würde zu Fuß keine 10m weit kommen, so nässedurchtränkt ist der Boden. So genießen wir die urweltliche Pracht vom Auto aus, da haben wir´s wenigstens warm – mittlerweile ist es nämlich reichlich frisch.
Ganz plötzlich sind wir auf norwegischen Boden und werden mit erstklassigem Sauwetter empfangen.
Als wir am Meer ankommen, leuchtet einen kurzen Augenblick die Sonne auf den Fjord – dann ist´s vorbei; es zieht zu und beginnt neuerlich zu regnen. Also schwenken wir auf den erstmöglichen Stellplatz ein,

(Rombaken - das ist ein Seitenarm des Herjangsfjorden - vor der Brücke über den Rombaksbotn nach Narvik) der sich seither stetig füllt und warten, was der nächste Tag uns bringen wird.
Derzeit bringt er uns 5,5°C. (neue Gasflasche angebrochen)

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Samstag 5. Juni 2010 Narvik – Skibotn 09h30-16h00 277km
Dem neuen Tag fällt auch nichts Besseres ein. Wir fahren kurz nach Narvik hinein, um zu tanken und uns NOK zu besorgen. Dort stehen wir  kurz Spalier für einen lautstarken Aufmarsch der Turner- und Gymnastikriegen der Gemeinde. Dann wenden wir uns wieder unserem Fernziel zu: das liebe Nordkap. Angesichts des doch reichlich fragwürdigen Wetters müssen wir uns zwangsläufig auch mit möglichen Ausweichvarianten beschäftigen, denn je weiter wir fahren, desto winterlicher wird die Sache. Gestern hat uns ein Womo-Fahrer erzählt, er habe voriges Jahr um die gleiche Zeit  dort eine wunderbare Mittsommernacht erlebt und  am nächsten Morgen sei das Womo in 30cm Neuschnee gestanden. Vielleicht ist´s bei uns umgekehrt!  Justamentstandpunkt vertreten wir keinen, wenn´s nicht sein will, dann eben ein andermal. Die Lofoten stecken in dickem Nebel, zu meinem großen Kummer lassen wir sie diesmal unbesucht und genießen die phantastische Küste Norwegens, an der sich Land und Wasser umarmen – eine unbeschreiblich schöne Landschaft, sogar -  oder vielleicht besonders bei diesen Witterungsverhältnissen. Trotzdem macht das Fahren bei diesem Wetter doch müde. Wir sind jetzt seit 16 Tagen unterwegs, jeden Tag etwas Neues – eine Pause muss her. Wir finden einen CP, der schon geöffnet hat - wie wir feststellen müssen, um diese Jahreszeit durchaus keine Selbstverständlichkeit!  Er liegt sehr hübsch an einer Flußmündung in den Storfjorden, recht naturbelassen, hat aber alles, was notwendig ist.

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Gleich beim Einchecken hören wir österreichische Laute hinter uns – ein Radfahrer(!) aus Graz, der mitsamt seinem Drahtesel bis Tromsö  geflogen ist und hier nun in die Pedale tritt – weil´s regnet und die Schuhe nicht nass werden sollen (trocknen bei diesem Wetter so schlecht!), streckenweise barfuss. Die Welt ist groß, die Welt ist rund . . . . . . . ich ziehe eine heiße Dusche vor! Dafür hab ich auch brav Womo saubergemacht.  Jetzt wird nur mehr gefaulenzt und dann geschlafen.

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Sonntag 6.Juni 2010 Skibotn – Alta 11h10 – 17h45 329km
Beim Frühstück lugt schon die Sonne durch die Wolken und wir schlagen eine besonders schöne Seite im Bilderbuch Norwegens auf. Schon am Campingplatz schauen angezuckerte Bergriesen auf uns herunter und während der nächsten 150km begleiten sie den blau und grün leuchtenden Lyngefjorden. Immer wieder wird man von einem neuen Koloss überrascht, der sich ins Blickfeld schiebt - es ist eine unbeschreibliche Szenerie. Die Straße schraubt sich über die Baumgrenze hinauf und beim Gildetun-Rastplatz bietet sich ein überwältigender Ausblick auf die Inseln im blauen Fjord, eingerahmt von verschneiten Gipfeln und Bergrücken.
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Irgendwann müssen wir aber doch weiter, die Landschaft wird grüner, frühlingshafter, die Holzhäuser setzen fröhliche Farbtupfer hinein. In den Fjorden herrscht Ebbe, wir sehen Boote - in den ulkigsten Stellungen auf Stelzen gelehnt, Trockengerüste mit Stockfischen behangen stehen am Ufer und dort, wo die Felswände etwas zurückweichen, grasen Rentiere, die Weibchen führen schon Kälber. Sie sind mit ihrer hervorragenden Deckfarbe gar nicht so leicht auszumachen, Filmen geht auf der Straße sowieso nicht.
Alta empfängt uns mit leisem Nieselregen; wir tanken und stellen uns dann auf den Badeplatz Lathari (siehe Womo-Reihe Nord-Norwegen) zum Schlafen. Die Flut läuft gerade auf; als wir kamen, gab´s noch Strand – jetzt ist er weg!  DAFÜR REGNET ES!  Also kommt morgen die Frage aller Fragen auf uns zu: fahren wir zum echten Nordkap (Gesamtkosten ca. € 100,--), zum alternativen Womo-Nordkap oder biegen wir in Lakselv nach Finnland ab?

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Montag 7. Juni 2010 Alta/Lathari – Leseby MNSP 10h00 – 18h00 342km
Das echte Nordkap wird schnell zu den Akten gelegt – für 10% halbwegs brauchbares Wetter ist der Preis einfach zu hoch – alles andere lassen wir an uns herankommen. Als erstes kommt die Durchquerung eiszeitlich abgeschliffener Riesenbuckel. Die Straße steigt über die Baumgrenze, die Pflanzendecke besteht nur mehr aus sauren Gräsern, Moos, und Zwerggehölzen – Tundra eben. Immer wieder sehen wir Rentiere. Sie sind nicht gerade scheu, aber – vorsichtig distanziert könnte man sagen. Die Straße führt wieder hinunter ans Meer zum Porsangerfjord –   eine neue, besonders schöne Bilderbuchseite. Wir lassen uns auf die Halbinsel Trollholmen verführen und werden von einer Zauberwelt aus malerischen Buchten und vorgelagerten Inselchen überrascht.

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Diese Inseln bestehen aus Dolomitgestein, das die Erdgeschichte nach der Eiszeit aus dem Meer hob. Frost, Wind und Wasser haben daraus die sonderbaren Gestalten geformt, die nun hier auf der Halbinsel stehen. Der Abrieb des Inselgesteins übernimmt die Gestaltung der schneeweißen Strandbögen – es ist ein Platz zum Träumen. An windgeschützten Stellen macht sich schon der Frühling wichtig, da und dort blüht es schon eifrig. In zwei, drei Wochen ist hier ein einziges Blütenmeer, alles ganz niedrig – vielleicht 5cm hoch.
Weiter mit dem Finger auf der Landkarte: wir umrunden das Südende des Porsangerfjordes, dann geht es erneut in die Berge. Wieder endlose anthrazitgraue Bergrücken mit abgestuften Hängen, über die an manchen Stellen riesige Schotter- und Geröllmassen ins Tal abgerutscht sind. Noch nirgends haben wir etwas derartiges gesehen; sehr eindrucksvoll – die reinste Mondlandschaft. An den Fingern des Laksfjorden vorbei erreichen wir Ifjord, wo der Nordkinnvei 888 nach Norden auf die Halbinsel Nordkinn abzweigt – eine im Winter berühmt-berüchtigte Straße. Sehr leicht vorstellbar, seit wir sie ein Stück gefahren sind. Wir stehen hier kurz nach Leseby auf unserem Übernachtungsplatz mit freiem Blick nach Norden Richtung Barentsee – sollte es doch noch dazu kommen, dass der Himmel Erbarmen hat und die Sonne durch die Wolken schauen lässt. An die Inselspitze zu fahren (Womo-Alternativ-Mittsommernachtsonnenplatz), halten wir bei dieser unsicheren Wetterlage nicht mehr für sinnvoll.

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Dienstag 8. Juni 2010 Leseby – Inari 10h30 – 17h00 329km
Was für ein Gegensatz ! Gestern abend Fjordpanorama und Blick bis hinaus in die Barentsee mit dramatischem Wolkentheater, das sich immer wieder dazu herablässt, die Sonne durchscheinen zu lassen, bis sie sich um dreiviertel zwölf endgültig hinter einer dunklen Wolkenbank versteckt – weit entfernt davon, die Kimm erreicht zu haben.
Dagegen heute: wir sitzen in stiller, finnischer Waldeinsamkeit im Womo, es ist 22h30 und wir schauen der Sonne zu, wie sie an einem blankgeputzten Himmel langsam und gemächlich den Rücken eines bewaldeten Hügels hinunterrollt. Manchmal wird sie von einem Baumwipfel gekitzelt, kurz vor Mitternacht verschwindet sie hinter dem Gegenhang und wir gehen schlafen.
Hierher hat unser heutiger Weg über das Ifjordfjellet geführt – gewaltige, urzeitliche Landschaft, reinste Tundra, lediglich von Rentieren bevölkert – die Straße erbärmlich, teils Schotterpiste, was auf bessere Zeiten hoffen lässt. Weiter durch das Tana-Tal, dessen Lachsbestände übrigens ebenso wie die mehrerer anderer Flüsse durch einen Parasiten gefährdet sind.; das Womo rollt und rollt, in Inari suchen wir uns den Weg zum Wanderparkplatz, von dem aus man zur Wildniskirche wandern kann und den wir zu unserem Schlafplatz auserkoren haben.
Wir sind fast ganz allein, es ist 17h, taghell und es klart mehr und mehr auf. Also nichts wie auf zur Wildniskirche, die ihren Namen durchaus zu Recht trägt. Sie liegt in der Waldwildnis entlang des Inariseeufers und durch eine solche - buchstäblich über Stock und Stein - führt auch der "Weg".  Riesenhafte rund geschliffene Felskolosse liegen im Wald herum, überall queren Wurzeln schlangengleich den schmalen Pfad. Während unseres Marsches sehen wir immer wieder umgestürzte Bäume, denen schon die Borke fehlt, so dass man erkennen kann, das sich während ihres Wachstums ihre Stämme wendelartig gedreht haben, manche um 180°!  Es ist ein gänzlich anderes Walderlebnis als bei uns zu Hause – ungeordnet, urweltlich - geradezu verwunschen! Überall glänzt Wasser zwischen dem Moorboden herauf, fallweise sind Stege über den Wassergrund gelegt, zwei Seen liegen an unserem Weg – blaue Spiegel, umrahmt von goldgrünem Wald, Moos, dem Laub der Blaubeerensträucher, an denen schon kleine blassrote Kügelchen hängen.
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Moltebeeren wachsen hier auch, die blühen aber gerade erst. Als wir bei der Wildniskirche ankommen, ist es schon 20h und noch immer taghell. Die Sonnenstrahlen fallen  schräg zwischen den Stämmen hindurch und tauchen alles in goldenes Licht  -  ein Traumwald im Mittsommer und mittendrin eine Holzkirche, die 1760 am Ort einer heidnischen Kultstätte errichtet wurde.

Der Rückweg zieht sich ganz erheblich, um 22h30 sind wir wieder zurück und genehmigen uns Mittsommersonne vom gut gewärmten Womo aus. Der Parkplatz ist inzwischen gut gefüllt mit Womos, deren Insassen uns im Wald mit Kameras bewaffnet entgegengekommen sind – offenbar gibt´s irgendeinen Geheimtipp für Mittsommernachtssonnenfotos . . . .

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Mittwoch 9. Juni 2010 Inari – Luosto 11h15 – 19h30 275km
Wir schauen uns die Ausstellung Siida in Inari an, in der Leben und Geschichte der Samen ganz hervorragend aufbereitet ist. Wer immer hier vorbei kommt, sollte sie sich unbedingt anschauen.
Dann führt das Band der E4 durch endlose Wälder, an unzähligen Seen vorbei, wieder Wälder, es beginnt zu regnen, gelegentlich betreten ein paar Rentiere die Szene, nach Sodankylä biegen wir zur Schlafplatzsuche ab Richtung Luosto und finden ihn in einem Skigebiet samt riesigem Parkplatz, der derzeit völlig verwaist ist. Das Ganze trägt den herrlich finnischen Namen  MATKAILUVAUNUALUE. Wir sind auch nach 10 Minuten noch nicht in der Lage, ihn auswendig herzusagen . . . .

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Donnerstag 10. Juni 2010 Luosto – Tornio 10h00 – 14h15 273km
Während des Frühstücks verfolgen wir den Auftritt einiger Rentiere, die den Parkplatz gemessenen Schrittes überqueren, dann machen wir uns auf den Weg an die Ostsee, begleitet von Bäumen, Bäumen und noch einmal Bäumen – manchmal schimmert ein tiefblauer See durch.
Wir wollen nach Tornio, wo es lt. Womo-Reiseführer eine Möglichkeit geben soll, Campinggasflaschen entweder zu tauschen oder nachzufüllen, denn die Kälte hat unseren Gasvorrat bedenklich schrumpfen lassen.
Leider gibt´s die Firma nicht mehr (Band 41 der Womo-Reihe, Seite 221: TEHOKAASU OY). Wir werden die werte Redaktion benachrichtigen. Zum Trost bleiben wir gleich auf dem nahen CP. Hier ist schon wieder richtig Frühling, wir sitzen vor dem Womo in der Sonne, basteln an einer weiteren Routenplanung und bekommen Besuch von den ersten Gelsen. Der Platz ist sehr hübsch, er hat ein Küchenhäuschen, in dem man kochen und auch gleich essen kann; das belegen wir mit Beschlag und schonen die Womo-Küche. Sogar eine Sauna gibt es hier, die jeder gratis benützen kann, auch die Duschen sind nicht mit Jetons geregelt – man duscht, solange man will. Ich wollte heute geradezu unanständig lange. Herrlich!  (Zufahrt zum CP: von Norden kommend nach dem Ende der Autobahn der erste Kreisverkehr, dritte Ausfahrt Richtung Röyttä auf der 922, bald danach links einbiegen – ist ausgeschildert).

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Freitag 11. Juni 2010 Tornio – Kalajoki 10h15 – 14h40 311km
Frisch geschniegelt und gebügelt erobern wir auf der E8 die gemäßigten Breiten zurück, freuen uns an den saftig grünen Wiesen und den sonnengelben Kugeln der Trollblumen am Straßenrand. Es gibt wieder Nadelwald, aus dem das junge Birkenlaub besonders hell herausleuchtet. Nach Oulu schlängeln wir uns wieder auf Regionalstraßen an der Küste entlang und betrachten uns, wie die Finnen denn so leben auf dem Lande. Auf jeden Fall bauen sie ihre Häuschen nicht so weit voneinander entfernt wie die Norweger und egal, welche Farbe ein Haus hat, fast immer sind seine Kanten weiß gestrichen und alles wirkt ein bisschen verspielt. Unser heutiges Ziel ist die Trichtermündung des Kalajoki. Dort gibt es einen herrlichen Stellplatz mitten im Vogelschutzgebiet, auf dem wir frühnachmittags landen. Eine kleine, ziemlich steil gewölbte Holzbrücke – nicht autotauglich – führt von dort auf die andere Seite des Flüsschens zu einer Inselferiensiedlung. Alles, was die Bewohner dort drüben haben wollen, müssen sie per pedes hinüberschaffen – klar, dass es schon eine Bürgerinitiative für eine befahrbare Brücke gibt – vorläufig behilft man sich mit zweirädrigen Schubkarren beidseits der Brücke. Wir vernügen uns mit Strandwandern, Sonnenbaden, und schauen zu, wie die werten Inselbewohner ihr Transportproblem lösen  – bis die ersten Quälgeister kommen.

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Blitzartig verschwinden wir im Womo und setzen unsere Betrachtungen drinnen fort, hören Musik und lesen  – bis zu guter Letzt die Sonne noch einmal auf “Mittsommernachtsonne” macht. Immerhin ist es 22h45, als sie sehr dekorativ hinter dem Horizont und wir - wohl nicht ganz so dekorativ, aber sonnenmüde – in unseren Betten verschwinden.

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Samstag 12. Juni 2010 Kalajoki – Revlot 10h50 – 17h45 250km
Wir sind ja eine richtige Langschläferpartie – so spät sind wir noch nie aufgestanden! Die Strafe folgt aber sogleich – es ist dicht bewölkt und stürmisch. Wir entdecken an der Küste eine “Fähreinrichtung” mitten im Wald, dort kann man mittels Ruderboot sozusagen eigenhändig übersetzen zur Insel Köpmanholmen.

Was es dort zu besichtigen gibt, können wir allerdings nicht herausfinden (schwedisch/finnisch). In unmittelbarer Nähe gäbe es einen herrlichen Badeplatz, ach, aber das Wasser – und die Mücken! Als Entschädigung finde ich in den umliegenden Wäldern ganze Lichtungen voller blühender Maiglöckchen. Sieht man auch nicht oft. Kurz darauf waschelt es sich aber so richtig ein und das Küstenwandern wird eine recht nasse Angelegenheit. Wir besuchen nur die Kirche St. Birgitta in Nykärleby aus dem Jahre 1708, in deren Innerem gemalte blaue Vorhänge an den Fenstern und pausbäckige Wölkchen an der Kirchendecke prangen - einfach unbeschreiblich!  
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Die Feldsteinkirche in Munsala ist leider geschlossen und so lassen wir es für heute gut sein, stellen uns auf den wunderbaren Picknickplatz Fjärdskär  links des Brückenkopfes der Replotbrücke – der längste Brückenbau Finnlands - und hoffen auf besseres Wetter.

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Sonntag 13. Juni 2010 Revlot – Sideby/Udd ; 10h35 – 15h10 195km
In der Nacht tobt sich das Tief über Südskandinavien kräftig aus, am späten Morgen ziehen die Wolken ab und wir können den wirklich reizenden Picknickplatz gebührend bewundern und Fotos von der Brücke machen.

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Weiter geht die Fahrt an der Küste entlang nach Süden – auch hier unendliche Wälder, durchzogen von einer Straße, die schnurgerade bis an den Horizont reicht. Gelegentlich gibt es in einer Flussniederung  Platz für Äcker und Weideland, dazwischen hingetupft die farbig gestrichenen Holzhäuser. Das Ortsschild Harrström zeigt zwei Windmühlen – da müssen wir natürlich hin.

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Eine der beiden ist sehr groß, beide sind sehr gut erhalten und noch in Betrieb, ob erwerbsmäßig oder nur zu Schauzwecken, lässt sich heute am Sonntag nicht feststellen. Bei unserer weiteren Wanderung durch das Nest sehen wir von weitem eine ganze Batterie langgestreckter, gedeckter – unten vergitterter – stallartiger Bauten, die sich beim Näherkommen als Pelztierfarm entpuppen (!). So weit wir erkennen können, sind es Nerze oder Hermeline, die in diesen lächerlich kleinen Einzelkäfigen zu Hunderten nebeneinandergereiht ihr trauriges Dasein fristen und wahrscheinlich bis zu ihrem kläglichen Ende bei dieser Lebensweise unter enormem Stress stehen.

Etwas beklommen gehen wir zum Auto zurück, fahren noch zum sehr bescheidenen Fiskehamn des Ortes, der aber einen phantastischen Übernachtungsplatz abgibt und nehmen es erneut mit den Wäldern auf, bis uns ein “Tisch + Baum-Schild” wieder an die Küste lockt. Hier stehen wir nun in Sideby Udd, an einem flachen Küstenstrich, der zu verlanden droht.  Die kleine Hafenanlage wird gerade mithilfe von EU-Mitteln und solchen des schwedischen Kulturfonds instandgesetzt – es muss immer wieder ausgebaggert werden, um die Fahrrinne für tiefer gehende Schiffe freizuhalten. Den ganzen Nachmittag kommen Autos  und verschwinden wieder  – wahrscheinlich um zu checken, ob hier ein guter Sonnenuntergangsplatz ist. Er wär´s zwar, aber das Wetter spielt nicht mit – also sind wir jetzt mutterseelenallein.

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Montag 14. Juni 2010 Sideby - Iittala 09h30 – 16h00 314km

Das sehr untermittelprächtige Wetter macht unserer Küstenwanderung in Reposaari in der Nähe von Meri-Pori ein Ende.  Als Entschädigung erstehen wir ganz hervorragenden Räucherlachs, dann wenden wir uns dem Landesinneren zu, wo sich die Wolkendecke auch prompt auflockert. Herrlich ist es hier, außer Wäldern und Seen gibt es hier auch blumenübersäte Wiesen – richtig frühsommerlich. Ca. 23km vor Nokia lockt auf der B 11 rechts ein Schild mit einer Kaffetasse und einem Tisch-Baum-Ensemble nach Salmi. Selbiges entpuppt sich als richtig heimeliger Anglertreff mit Blockhütte, in der man allerlei Verzehrbares erstehen kann, einem Slip-Platz für Wasserwütige und einer sehr umfangreiche Grillstelle, in der auch schon ein Feuerchen prasselt.

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Nach dem Genuss eines finnischen Kaffees passieren wir den Geburtsort unserer Handys und gondeln durch ländliche Idylle nach Iittala, zur ältesten noch tätigen Glashütte Finnlands. Schon schön, was sie dort anfertigen – aber die Preise sind einfach unangemessen hoch. Irgendwie haben wir uns das ganz anders vorgestellt. Sehr erfreulich ist aber der komfortable Schlafplatz vor dem Glas-Centre. Hier bleiben wir heute; wenn´s Wetter passt, fahren wir morgen nach Lahti.
Nachtrag:  der Minimax hat 90.000 km auf dem Buckel!

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Dienstag 15. Juni 2010 Iittala – Lahti 09h20 – ca 15h00

Zuerst will der Tag nicht so recht ins Laufen kommen. Die “Burg” in Hämeenlinna ist eine recht kümmerliche Angelegenheit, da verdrücken wir uns gleich wieder. Dann wird´s aber interessant. In Riihimäki entdecken wir ein Hinweisschild zu einem Glasmuseum und da bekommen wir nun finnische Glaskunst von Allerfeinsten aus den letzten 60-70 Jahren zu sehen – sagenhaft schön, unbeschreiblich!
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(www.finnishdesignshop.com

Als wir uns endlich losreißen, lacht draußen nach einem Regenguss die Sonne vom Himmel und wir genießen herrlichen südfinnischen Frühsommer. Die Straßenböschungen sind übersät mit Maiglöckchen und den hohen Kerzen der Lupinen, blau, rosa, weiß – nach der “grünen Hölle” Lapplands freut man sich über Sommerfarben besonders. Dann sind die Sprungschanzen von Lahti an der Reihe – drei Stück an der Zahl. Sie sind nicht in den Hang gebaut, sondern stehen frei.
Auf die höchste kann man mit einem Lift fahren, was wir natürlich tun und dann doch ziemlich beeindruckt sind - sowohl von dem phantastischen Rundblick, der sich von dort oben bietet als auch von dieser irritierenden Höhe, aus der sich die Burschen da in die Tiefe wagen. Man sieht ja den Bereich nicht, in dem der Springer aufkommt.

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Dort oben in luftiger Höhe treffen wir auf ein österreichisches Womoehepaar, mit dem wir bald in ein lebhaftes Gespräch geraten, das wir dann auf dem Übernachtungsplatz  bis spätabends fortsetzen – wie´s halt so ist unter Womoreisenden.

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Mittwoch 16. Juni 2010 Lahti – Helsinki/CP Rastila 08h45 – 15h45

Heute geht´s auf getrennten Wegen zum gemeinsamen Ziel: Helsinki / CP Rastila. Unsere Womo-Nachbarn erledigen das zügig, wir bummeln gemütlich die letzten Kilometer an die Küste. In Loviisa steht eine beeindruckende neugotische Backsteinkirche,

 

 
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Häuser aus den verschiedensten Epochen säumen die Straßen; in den alten Salzspeichern am kleinen Bootshafen sind ein Schiffahrtsmuseum,

Souvenirläden und gastronomische Betriebe untergebracht. Wir sind übrigens auf der “Königsstraße” unterwegs, der alten Handelsroute von Norwegen ins Baltikum und später der Postweg von Stockholm nach St. Petersburg. Sie führt uns zunächst nach Perna zu einer außerordentlich sehenswerten Feldsteinkirche.

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steht in Porvoo, unserer nächsten Station. Porvoo ist ein reizendes Städtchen – allerdings mit saftigen Parkgebühren. Am Flußufer liegen alte Salzspeicher aus der Hansezeit, in denen alles Mögliche verkauft wird. Zwischen den pastellfarbenen Holzhäusern der Altstadt sind die Straßen mit runden Flußsteinen “gepflastert”, man muss gut aufpassen, wenn man zum Dom hinaufklettert, der hoch über der Stadt thront  - von der anderen Seite des Flusses ein besonders hübscher Anblick.
Die vorletzte Station in Finnland – wir fahren nach Helsinki, das Navi lotst uns fast fehlerlos zum Campingplatz, wo Margit und Sepp längst eingelangt sind, Hausputz veranstaltet haben und zu einem weiteren Womoabend bereit sind.

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Donnerstag 17. Juni 2010 Helsinki – Stehtag
Heut geht´s mit Öffis in die Stadt, in der man sich recht gut orientieren kann – wenn man mal von der Sprache absieht. Wir steigen am Hauptbahnhof aus (ein unglaublich bombastisches Architekturmachwerk!), wandern zum Senatsplatz –   alles mutet recht kolossal an.

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Der Dom ist geradezu gigantisch, im Inneren allerdings recht  spartanisch. Das Ganze erinnert mehr ans Kapitol als an eine Kirche. Die Riesenbauten – Uni, Regierungspalast, Nationalbibliothek – sind vorbildlich restauriert, wirken aber irgendwie unbelebt. Wir schlendern in die Stadt hinunter, über den Markt, zum Hafenbecken - dort ist es lebendig, dort quirlt es nur so. Unser Ausflug nach Soumenlinna gerät sehr kurz, weil es zuzieht und reichlich frisch wird – also zurück ans Festland. Wir entern die Bim, lassen uns zur Felsenkirche bringen – die ist wirklich sehenswert. Es findet gerade eine Chorprobe statt, was die Wirkung des Bauwerkes noch beträchtlich steigert. Leider treiben die anderen weiter – die Musik ist ihnen wohl zu modern. Gut durchgekühlt sind wir auch – also heim ins warme Womo.
Fazit zu Helsinki: man muss länger bleiben und – am schönsten ist die Stadt vom Wasser aus.

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Freitag 18. Juni 2010 Helsinki – Tallin 90.538
Vorbei ist Skandinavien – das Baltikum wartet. Wir verlassen  Rastila Camping – ein idealer Ausgangspunkt für Stadtbesuche. Nach hektischer Fahrt durch Helsinki (auch das gibt es in Finnland!) heißt es beim Fährterminal erst einmal: kein Platz frei! Die nette Dame am Schalter gibt uns aber den heißen Tipp, uns einfach in die Warteschlange einzufädeln – oft würden doch noch Plätze freigegeben. So ist es auch – und um halbfünf laufen wir in den Hafen von Tallin ein. Wir sind wieder in “Europa”, wie ein skandinavischer Autor das Ziel seiner Reise von Schweden nach Berlin kommentiert. . . . .
In Tallinn herrscht Freitagnachmittagschaos, das uns blitzartig in Richtung Narva zum Pirita Yachthafen flüchten läßt. Pirita Sadama kämping hat mehr die Qualität eines Stellplatzes, wir sind´s aber zufrieden und stellen uns mithilfe von Borschtsch und Bier erst einmal auf Estland ein.
Morgen ist auch noch ein Tag. . . .

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Samstag 19. Juni 2010 Tallin Paldiski
. . . . der uns gleich einen ganzen Konvoi an Oldtimern beschert. Ein chromblitzendes Gefährt nach dem anderen rollt an uns vorbei zu einem Parkplatz, wo sie sich alle versammeln: von liebevoll polierten und ausstaffierten Exemplaren bis zu regelrechten „Aussteigermodellen“ ist alles dabei.

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Nach ausführlichem Fototermin suchen wir uns in der Nähe der Stadtmauer einen Parkplatz und wandern in die Altstadt. Dort herrscht – weil Samstag – lebhaftes Treiben und alle Welt ist zu Fuß unterwegs. Inmitten der beeindruckenden Bausubstanz scheint die Vergangenheit wirklich noch lebendig; vertieft wird dieser Eindruck mittelalterlichen Flairs noch durch entsprechend gewandete Weiblein und Männlein, die an Verkaufsbuden gebrannte Mandeln und allerlei Krimskrams feilbieten oder Passanten in das eine oder andere Restaurant zu lotsen versuchen. Wir wandern durch die alten Gassen an herrlichen Fassaden vorbei, steigen natürlich auch auf die historische Stadtmauer und genießen den phantastischen Rundblick, der sich von dort oben bietet.

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Die prunkvollen Türme der russisch-orthodoxen Kathedrale schauen herüber, Wehrtürme ragen aus dem Dächergewirr auf, draußen am Meer ziehen die Fährschiffe vorbei – es zahlt sich aus, dort hinaufzusteigen. In einer Kombination aus Töpferwerkstatt und Kaffehaus machen wir einen Zwischenstop, dann schaltet sich der Wettergott ein und beendet unseren Besuch ziemlich abrupt mit heftigen Windböen, Regenschauern und Kälte. Flugseilig kehren wir zum Womo zurück und fädeln uns durch den Verkehr auf die Straße an die Westküste Estlands nach Paldiski, wo es eine sehenswerte Steilküste geben soll.
Wie gesagt: geben soll. Als wir nämlich dort ankommen, hat sich dichter Nebel herabgesenkt – wir stehen keine 10m vom Meer entfernt, ohne es zu sehen. In dieser Suppe stehen noch zwei weitere Womos, deren Insassen uns – sollte  sich das Wetter wieder bessern – die estnischen Inseln ans Herz legen: Hiiumaa, Saaremaa und Muhu.

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Sonntag 20. Juni 2010 Paldiski – Insel Hiiuma/Ristna Leuchtturm
Auf zu den Inseln – die Sonne scheint. Zwar noch etwas verschämt, aber im Laufe des Vormittags setzt sie sich durch und schaut freundlich auf Wälder, Heidelandschaft und saure Wiesen herunter, auf denen scharenweise Reiher stehen. Dicht neben der Straße tauchen ganz unverhofft auch immer wieder Störche auf. Das bisschen Verkehr scheint sie nicht im mindesten zu stören, ganz geruhsam staksen sie auf der Suche nach Nahrung in den wassergefüllten Gräben umher. Angesichts dieser Szenerie kommt uns unweigerlich in den Sinn: grüner Korridor. Unberührte Natur so weit das Auge reicht, wenn man mal von den unerfreulichen Spuren der Sowjetvergangenheit wie Kasernen- und Plattenbauten absieht. Sehenswert ist auch das Eisenbahnmuseum in Haapsalu

die liebevoll instandgesetzten und gepflegten Lokomotiven und der 214 m lange überdachte Bahnsteig, der längste seiner Zeit, lassen geradezu nostalgische Gefühle aufkommen.

Im Fährhafen Rohuküla stellen wir uns erst einmal in die Schlange und nützen die Wartezeit für die Vorbereitung einer Zwischenmahlzeit. Während wir noch die Bauarbeiten für die Erweiterung des Hafens beäugen, biegt schon die Fähre um die Ecke und entführt uns zunächst auf die Insel Hiiuma. Am Beginn unserer „Leuchtturmrunde“ entdecken wir an der Küste einen sehr heimeligen - wenn auch nicht ganz erlaubten – Stellplatz bei einer kleinen Holzbühne, neben der schon allerlei Holz für das Sonnwendfeuer aufgeschichtet ist. Neben einer  saftigen Wiese mit Blick auf die leuchtendblaue Ostsee genießen wir die Sonne und die besagte Jause. Dann wandern wir zum Meer hinunter; dort ist das Ufer völlig verschilft, dafür leuchten die ersten Orchideen des Jahres aus dem sumpfigen Gelände.
Der erste Leuchtturm  steht in Takhuna, misst 42,5m und stammt aus dem Jahre 1875. Traurige Berühmtheit erlangte er durch die Estonia-Schiffskatastrophe im Jahr 1994; an jenem Punkt, der der Unglücksstelle an nächsten liegt, wurde eine Gedenkstätte errichtet, die vor allem den Kindern unter den Opfern gewidmet ist.

Weiter geht es durch Wacholderheide, dann durch Kiefernwälder, die immer wieder den Blick auf die See freigeben. Und dann: beginnt das liebe Womo kräftig nach rechts zu ziehen, wir bleiben stehen und Ewald wirft einen kummervollen Blick auf den Vorderreifen – wir haben einen Patschen (Platten).  Wie schön!
Der denkbar günstigste Augenblick für eine Panne: ein einsamer Sonntagnachmittag auf einer äußerst dünn besiedelten estnischen Insel. Wir verziehen uns mit unserem Patienten auf einen Forstweg, der von der Straße abzweigt und machen uns ans Werk. Wir räumen die Garage aus, um an den Reservereifen zu gelangen, danach werkelt Ewald allein weiter. Gott sei Dank gibt es keine weiteren Schwierigkeiten, der Wagenheber funktioniert, der Reservereifen hat Luft und innerhalb einer Stunde ist der Minimax wieder flott. Uff!  Auf der Weiterfahrt suchen wir nach einer Tankstelle, an der wir die Luft kontrollieren könnten, aber – nix da! Heute gar keine Tankstelle. Der Reifen hält aber brav und wir nehmen den nächsten „Tuletorn“  ins Visier: Ristna-Leuchtturm. Er ist ebenfalls aus französischem Stahl wie der vorhergehende, stammt aus der gleichen Zeit und ist ganz in Rot gehalten. Das Restaurant „Baron“ neben ihm ist leider schon geschlossen, die Wirtin ist aber so nett und sperrt Ewald die Eingangstüre zum Leuchtturm auf und der Parkplatz gibt einen herrlichen Übernachtungsplatz ab.  Ewald kraxelt noch geschwind auf den Turm – der Aussicht wegen – dann lassen wir uns von Waldesrauschen in den Schlaf säuseln.

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Die Fresnelllinse vor der Sektorengrenze (rot='Gefahr', weiß='richtig'

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Montag 21. Juni 2010 Hiiuma – Saaremaa – Muhu/Koguva
Geweckt werden wir von Vogelgezwitscher. Auf dem Weg zum Südzipfel der Insel finden wir endlich auch eine Tankstelle „mit Luft“, wo wir den Reifen auf den vorgeschriebenen Druck bringen. Die Überfahrt auf die Insel Saaremaa vergeht wie im Flug. Inmitten der Inseleinsamkeit stehen bei Angla etliche Windmühlen, und in Karja eine wunderschöne, gut erhaltene, aber kaum restaurierte romanische Kirche, die noch meilenweit entfernt ist von späterer Prachtentfaltung römisch-katholischer Gotteshäuser. Sehr einfach und deshalb sehr eindrucksvoll.

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Die Meteoritenkrater bei Kaali wollen natürlich auch besucht werden. Kreisrund sind sie, 9 Stück an der Zahl, der größte misst 105-110m im Durchmesser bei einer Tiefe von 22m, der See hat je nach Wasserstand einen Durchmesser von 30-60m. Entstanden sind sie durch einen Meteoriteneinschlag vor rund 4000 Jahren, deren größter eine Masse von rd. 10000t gehabt haben soll.

Die Bischofsburg Kuressaare im Süden zählt zu den wertvollsten Baudenkmälern der Insel, zumal sie die Jahrhunderte nahezu unversehrt überdauert hat, obwohl die Burg mehrfach den Besitzer gewechselt hat. Mal war sie dänisch, mal schwedisch, mal russisch. Die mächtigen Mauern geben ein eindrucksvolles Bild ab, im Museum wird die äußerst wechselvolle Geschichte des Baltikums beleuchtet, besonders die Zeit der Besetzung durch die Deutschen, vor allem aber durch die sowjetische Besatzungsmacht. Wir erhalten  sozusagen Nachhilfeunterricht in Geschichte eines Teils von Europa, von dem wir nicht wirklich viel wissen.

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Panga pank lockt uns wieder in den Norden der Insel. Wir bekommen die Steilküste zwar nur sehr sporadisch zu Gesicht, werden aber mit einem Spaziergang durch einen wunderbaren Wald  belohnt, dessen Boden gerade mit unzähligen pinkfarbenen Blüten des Geranium Sanguineum übersät ist – ein zauberhafter Anblick.
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Und als richtiger Botaniknarr grabe ich selbstredend auch welche aus. Ostseestürme kann ich ihnen zu Hause zwar nicht bieten, aber vielleicht nehmen sie ja auch mit pannonischen Einflüssen vorlieb. Storchenschnabel ist ja recht anpassungsfähig . . . . .
Fischessen wäre jetzt das Richtige! In Orissaare soll es ein Fischlokal geben, also nichts wie hin. Durch eine traumhafte Küstenlandschaft quälen wir uns auf wesentlich weniger traumhaften Straßen gen Osten

und finden im fast zur Gänze aufgegrabenen Ort unser erträumtes Fischrestaurant hermetisch verriegelt vor. Sehr toll! Also kein Fisch, weiter geht´s über den Damm auf die Insel Muhu zum dort befindlichen Freilichtmuseum in Koguva. Dort gibt´s zwar auch nichts zu essen, aber einen sehr erfreulichen Übernachtungsplatz und einen absolut phantastischen Sonnenuntergang, der mich nach meinem abendlichen Fußbad ernstlich noch einmal aus dem Womo lockt.

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Dienstag 22. Juni 2010 Koguva – Riga
Bevor der Regen ernst macht, wandern wir bei feinem Nieseln in Begleitung zahlreicher Gelsen durch das Freilichtmuseum – eigentlich ein altes Fischerdorf, das teilweise auch noch bewohnt ist. Hinter Einfriedungen aus mächtigen bemoosten Steinblöcken ducken sich Holzhäuser mit kunstvoll ausgeführten Reetdächern. Ganz besonders rührend ist die Schule mit der dazugehörigen „Wohnung“ des Lehrers.

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Das Übersetzen aufs Festland dauert kaum länger als das Auffahren auf die Fähre, dann drehen wir die Womonase nach Süden, was zunächst nicht viel hilft – es regnet weiter. Also nehmen wir ohne große Umwege Kurs auf Riga, die alte Hansestadt. Das Navy darf sich wichtig machen und lotst uns einwandfrei zum Riga City Camping auf der Daugavainsel Kipsala. Nicht sonderlich schön, aber zweckmäßig und vor allem mit einer guten Verbindung in die Stadt. Die CP-Führung ist ausgesprochen freundlich und versorgt uns mit allem Wissenswerten. Es gibt sogar Zutritt zu einem Hallenbad; heute wird allerdings trainiert. Also ist nichts mit Schwimmen, gehen wir halt eine Kleinigkeit essen und dann ab in die Heia.

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Mittwoch 23. Juni 2010 R i g a
Überraschung!
Mittsommer wird in Nordeuropa und im Baltikum heute und morgen gefeiert. Wir finden das heraus, als wir nach der Wanderung über die Brücke (toller Blick auf die Stadt!) in die Altstadt kommen. Dort ist es fast menschenleer, eine Handvoll Touristen steht recht ratlos vor verschlossenen Kirchentüren, keiner kennt sich so richtig aus. Im Dom frage ich nach und erfahre siehe oben. Keine Ahnung, warum, immerhin haben wir heute den 23. Juni und Wochenende ist auch nicht.

Wie auch immer: heute ist Feiertag in Riga und so ist auch die Stimmung. Wir bummeln gemütlich durch die alten Gassen, bewundern die herrlichen Jugendstilfassaden, das Schwarzhäupterhaus, das Rathaus, Große und Kleine Gilde, Pulverturm, wandern über den schönen Livenplatz, der es mir besonders angetan hat, zur Freiheitsstatue und wieder zurück zum Domplatz, wo sich gerade ein Pianist gut gelaunt in den Nachmittag swingt. Wir suchen uns einen Platz an der Sonne und leisten ihm dabei Gesellschaft. Viele Passanten bleiben stehen und riskieren verstohlen ein paar Tanzschritte – sehr vergnüglich zu beobachten.
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Abends kehren wir noch einmal in die Stadt zurück; am Ufer der Daugava herrscht ein fröhliches  Gedrängel. Die Wiesen am Ufer sind dicht belagert, viele Menschen haben Blumenkränze im Haar und auf einigen überdachten Bühnen wird Musik gemacht. Eine ganz junge Band spielt echte Volksmusik, zu der das Publikum in dichtestem Getümmel Kreistänze vollführt. Eine hübsche Lettin lacht sich den Ewald an und entführt ihn zum Tanz – ein hinreißender Anblick - mein Göttergatte tanzt ca. alle zehn Jahre einmal!  Gegen 22h werden die ersten Sonnwendfeuer angezündet, hinter der Daugavabrücke geht die Sonne unter und auf der Brücke schlendern wir langsam nach Hause.

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Donnerstag 24. Juni 2010 Riga – Kaunas/Kloster Pazlaislis
Heute will uns der Wettergott nicht, ganz grämlich schaut der Himmel drein. Auch nach der Grenze bessert sich die Lage nicht, von Litauen sehen wir bis Kaunas praktisch nichts. Rund um Kaunas sehen wir nur schauerliche Straßen, sodass wir auf die Stadt verzichten und uns ans Kaunasser Meer verziehen zum  Kloster Pazlaislis.
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Die Anlage wurde von einem italienischen Baumeister erbaut und gilt als einer der beeindruckendsten Sakralbauten Nordeuropas. Ein riesiger Parkplatz gehört dazu, der sich prächtig zum Übernachten eignet, wenn es sich nicht gerade um die Mittsommernacht oder ein Wochenende handelt. Dann nämlich ist dieser Parkplatz ein beliebter Treffpunkt der motorisierten Jugend! Kurz und gut: um 2h nachts ist Ewald derart genervt, dass wir unsere Zelte abbrechen und uns in dickster Nebelsuppe auf die Suche nach einem neuen Schlafplatz machen. Keine Kleinigkeit, die nur deshalb gelingt, weil sich der Chaffeur den am frühen Nachmittag verworfenen ersten Stellplatz gemerkt hat und mitten in der Nacht wieder findet.

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Freitag 25. Juni 2010 Kaunas – Stary Forwalk/Suwalki (Pl)
Wir sind geschlaucht, es lässt sich gar nicht leugnen. Der werte Wettergott spielt auch nicht mit – offenbar wurde bereits höheren Orts entschieden, dass wir das Baltikum noch einmal gesondert bereisen sollen. Wir fügen uns, lassen Kaunas rechts und Vilnius links liegen, drehen die Womonase erneut nach Süden und fahren Richtung polnische Grenze, die wir anstandslos passieren und ob unserer Fügsamkeit umgehend mit besserem Wetter belohnt werden. Es wird sogar warm und im Wigierski Naturpark nahe Suwalki finden wir einen Winzling von „Campingplatz“ der in Wahrheit der Parkplatz einer ebenfalls Winzling-Marina ist. Elf Bötchen liegen im Wasser, die Haubentaucher ziehen ihre Bahn über den See und etliche Flaumbällchen hurteln hinter der Entenmama her.

 

Stary Folwark heißt dieses Idyll  – hier bleiben wir (Osrodek Sportu i Rekreacij w Suwalkach; www.osir.suwalki.pl; e-mail: sekretariat@osir.suwalki.pl)!  Nachdem wir uns eingerichtet haben, machen wir uns auf die Suche nach etwas Essbarem. Fündig werden wir im Nachbardorf, riesige gebackene Knödel mit einem unaussprechlichen Namen, den wir uns selbstredend auch nicht merken können – also muss ein Foto von der Speisekarte gemacht werden, um der Nachwelt berichten zu können. Jetzt - nach Auswertung der Fotos - wissen wir, dass wir Soczewiaki gegessen haben - ein außerordentlich sättigendes Gericht!

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Samstag 26. Juni 2010 Suwalki – Wygryny/Masuren
Ohne jede Vorwarnung ist der Sommer über uns hereingebrochen. Die Temperatur legt ordentlich zu und weil wir ohnehin in der Nähe sind, beschaffen wir uns in Augustow eine Detailkarte der polnischen Seenplatte und machen uns auf den Weg zu den Masuren. Es ist ähnlich wie in Finnland – die unzähligen Seen sind zwar da, man sieht sie nur recht selten. Hier wird Naturschutz ziemlich wörtlich genommen und dementsprechend gibt es – gemessen an der Größe des Gebiets – recht wenige Stellen, an denen   touristische Nutzung in größerem Umfang zugelassen wird. Wir sind aber ohnehin auf der Suche nach einem verschwiegenen Winkel und den finden wir auch. In Mikolajki biegen wir nach Süden ab (609), in Ukta nehmen wir die 610 Richtung Ruciane-Nida und wenige Kilometer nach den Dörfchen Male und Wielkie Swigajno geht´s  links nach Wygryny. Dort sorgen mehrere Campingschilder für Verwirrung; die beste Wahl ist wieder links zum Campingplatz Nad Zatoka. Ein herrlicher familiärer Wiesenplatz direkt am See. Strom, Wasser, Sanitäranlagen, alles da. Für Unterhaltung ist auch gesorgt – irgendwer hat irgendwelche angeblich reichen Menschen Polens dorthin  eingeladen, um ihnen Boote zu verhökern. Die Probefahrten der Möchtegernkapitäne werden natürlich scharf beobachtet und bieten reichlich Gelegenheit zu reinster Schadenfreude – es ist einfach köstlich.

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Sonntag 27. Juni 2010 S t e h t a g
Wir gehören leider nicht zur financial upper class, also borgen wir uns einen Zweierkajak und gehen damit auf große Fahrt. Auf dem See ist allerhand los, es herrscht idealer Segelwind, der auch die Hitze erträglich macht. Es macht viel Spaß, da draußen herumzupaddeln und  nach drei Stunden können wir beide einen dezenten Sonnenbrand vorweisen. Nicht aufgepasst! Eine ausführliche Erholungspause ist angesagt, dann meldet sich der Magen. Richtig lästig, jeden Tag dasselbe Theater! Zum Kochen haben wir keine Lust, am CP bewirtet das Resti heute nur die Reichen und Schönen, also stapfen wir Richtung Dorf und zur nahe liegenden Marina, bei der es auch einen Restaurationsbetrieb gibt. Ich bin nicht sicher, ob die immer wissen, was sie tun. Nachdem wir bestellt haben, kehrt die Kellnerin händeringend zurück und erklärt uns in holprigem Englisch, dass wir das Bestellte leider nicht so bekommen können, wie es auf der Karte steht – einige Zutaten sind ausgegangen! Wir einigen uns darauf, dass sie auf den Teller geben sollen, was die Küche hergibt, denn  da die Speisenkarte ausschließlich polnisch ist, wissen wir ohnehin nicht wirklich, was wir bestellt haben – was wir ihr aber nicht verraten. Während der Wartezeit versuchen wir unter viel Gelächter, die Karte zu enträtseln.  Natürlich gelingt uns das nicht und was wir dann serviert bekommen, ist auch nicht unbedingt eine Offenbarung, dafür ist es teuer. Wie in einem Marinarestaurant nicht anders zu erwarten . . . . . .selber schuld.
Wir tragen´s mit Fassung und lassen den schönen Sommertag unter launigen Debatten, ob es den roten Milan gibt oder nicht, gemütlich ausklingen. Morgen wartet ein harter Tag auf uns. (Der rote Milan ist ein Falke, auch bekannt unter dem Namen Gabelweihe)

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Montag 28. Juni 2010 Masuren – Warschau
Wie wahr! Eine regelrechte Hitzeschlacht, wenig berauschende Straßen, auf denen sich 240km ganz schön ziehen und ein geradezu beänstigendes Verkehrsaufkommen bei der Stadteinfahrt nach Warschau. Zu guter Letzt beauftragen wir das Navy und landen am frühen Nachmittag leicht erschöpft auf dem City-CP „Rapsodia“. Wie dieser zu seinen vier Sternen gekommen ist, bleibt rätselhaft. Das Ganze mutet an wie die Wagenburg eines Trecks nach dem Wilden Westen. Zahlreiche Wohnwagen – allesamt aus Großbritannien bzw. Irland – stehen zwanglos verstreut umher, die weitgehend rotschopfige Jugend bemächtigt sich ebenso zwanglos der Sanitäranlagen und veranstaltet eine lautstarke Wasserschlacht, was man ihr bei den herrschenden Temperaturen allerdings schwer verübeln kann. Die Reinigungskräfte haben den Sinn ihres Tuns offenbar aus den Augen verloren, denn sie kehren und wischen den Schmutz lediglich planlos hin und her – das Ergebnis ist dementsprechend. Nichtsdestotrotz ergattern wir entschlossen einen Schattenplatz, stellen sämtliche Womoöffnungen auf Durchzug und  entern einmal pro Stunde die Dusche. So lassen sich 33°C doch ganz gut aushalten. Am frühen Abend wagen wir uns dann in die Stadt und wundern uns sehr, dass die Tram nicht irgendwann aus den Schienen springt, so abenteuerlich rumpelt sie dahin.

Schon in Wien beim polnischen Fremdenverkehrsbüro haben wir ein kleines, aber recht ausführliches Büchlein über Warschau erhalten. Das leistet uns jetzt gute Dienste, wir finden uns mühelos zurecht und schlendern zunächst vom Rondo Charles de Gaulle die Nowy Swiat entlang. Vor phantastisch rekonstruierten Fassaden reiht sich ein Straßencafe an das andere, auch die Gastgärten in den Hinterhöfen sind gestopft voll – alle genießen, dass endlich Sommer ist. Durch die „Krakauer Vorstadt“ (sie heißt wirklich so) mit zahlreichen repräsentativen Gebäuden erreichen wir das Königsschloss und kommen durch schmale Gässchen in die Altstadt. Am Stare Miasto ist erst einmal eine Verschnaufpause angesagt, ein Bier muss her und außerdem kann ich mich an den Fassaden der umliegenden Häuser ja gar nicht satt sehen, so schön und oft originell sind sie. Ewald hat seine liebe Not, mich von dort loszueisen, ich folg´aber brav, wir wollen ja noch zur Barbakane, der trutzigen Wehranlage aus dem 16. Jh.

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So ein paar Stunden sind nicht viel in Warschau, unversehens wird es Zeit zum Heimfahren. Aber wie? Als wir bei unserer Tramstation ankommen ist es 10h30, die letzte Bim fuhr um 20h! So dynamisch Warschau auch ist, nachts fährt nichts mehr – außer Taxis. Ein solches bringt uns dann auch zurück zum CP.

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Dienstag 29. Juni 2010 Warschau – Suchednio
Der Sommer behält die Oberhand, das heißt, wir verziehen uns in die Grünzone. Die Parkanlage Lazienkowski besitzt prachtvollen alten Baumbestand aus, der wunderbar kühlen Schatten spendet. Wir besuchen den Botanischen Garten, das Palais auf dem Wasser, das Theater auf der Insel, wo uns ein Pfau anschreit; dann allerdings wird es brütend heiß und die Gelsen kommen  –  was bedeutet: wir gehen.

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Zurück zum CP und raus aus der Stadt!  Eine Vision von schattigem Stellplatz im Grünen macht sich in uns breit, jedoch: erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Schon die Stadtausfahrt verläuft ziemlich chaotisch, weil wir die falsche Ausfallstraße erwischen. Mit hängender Zunge machen wir daher erst einmal einen Einkehrschwung bei einem Naturpark, um eine Kleinigkeit essen. Dann beginnt das Drama: sooft wir auf der E 77 auch zu einem „vielversprechenden“ Ziel abzweigen – auf der gesamten weiteren Strecke findet sich nicht ein einziges brauchbares Plätzchen zum Nächtigen, nicht zuletzt deshalb, weil die Böden nach den Überschwemmungen noch immer völlig durchtränkt und aufgeweicht sind. Auf diese wenig befriedigende Weise bringen wir 100km hinter uns. Dann aber lässt mich ein glücklicher Zufall gerade zum richtigen Zeitpunkt einen Blick ins polnische CP-Verzeichnis verwerfen und den CP Suchedniow entdecken. Zwei Minuten später treffen wir in dem kleinen Dörfchen ein, 10 Minuten später stehen wir auf einem urgemütlichen Wiesen-Campingplatz, 20 Minuten später sitzen wir in der Gastwirtschaft – völlig erledigt. Essen – trinken – schlafen lautet die Devise. Sonst geht nichts mehr.
(CP Suchedniow, ul. Ogrodowa 11. www.osir.suchedniow.prv.pl; e-mail: osir_suchedniow@op.pl, sehr gepflegte Sanitäranlagen, ein kleines Eldorado für Kanuten und solche, die es werden wollen)

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Mittwoch 30. Juni 2010 Suchedniow – Krakau
Krakau in Sicht!  Mit neuen Kräften und ohne Umwege bewältigen wir die letzten 140 Kilometer und lassen uns zum CP lotsen (CP-Clepardia, äußerst gepflegte Anlage, sehr aufmerksames Personal, in der Rezeption bekommt man einen Plan der Innenstadt sowie der Verkehrsverbindung zum CP www.clepardia.pl; e-mail: campclep@poczta.onet.pl). Herrlich ! Unter alten Bäumen finden wir einen kühlen Schattenplatz, legen uns faul in die Wiese und warten auch heute auf die Abendkühle. Dann nehmen wir in einem äußerst komfortablen Bus Platz und lassen uns zum Rondo Grunwaldzkie kutschieren. Was für ein schöner Blick von dort auf das Königsschloss!

Die mächtigen Backsteinmauern von Schloss und Kathedrale leuchten in der Nachmittagssonne rotgolden; wir bummeln gemütlich durch die Grünanlage auf den Wawel-Hügel, vorbei am Feuer speienden Drachen, dem der Namensgeber der Stadt, der Schuster Krak, den Garaus gemacht haben soll, wir folgen dem Rat des Stadtführers und besichtigen den wunderschönen Renaissancearkadenhof. Für weitere Sehenswürdigkeiten ist es heute zu spät. Nur das Kazimierz haben wir uns für den Abend vorgenommen.

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Zwischen den oft mehrere Jahrhunderte alten Bauwerken des Judenviertels herrscht eine ganz eigene Atmosphäre. Auf Schritt und Tritt wird die Verflechtung polnischer und jüdischer Kultur sichtbar. Die Synagogen sind leider alle schon geschlossen, also setzen wir uns nach unserem Rundgang einfach in einen der bezaubernden Hinterhofgastgärten und lassen das Ganze auf uns wirken.
Gewitzt durch unser nächtliches Abenteuer in Warschau haben wir in Erfahrung gebracht, das unser letzter Bus um 22h fährt, also setzen wir uns rechzeitig in Bewegung, damit wir nicht wieder Taxi fahren müssen.

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Donnerstag 1. Juli 2010 Krakau – Zakopane
Der heutige Tag beginnt mit einem Spaziergang auf der Bastei, der uns zunächst zur Barbakane bringt. Der Fremdenführer bezeichnet die Barbakane von Krakau als Meisterwerk mittelalterlicher Befestigungskunst und unter den in Europa existierenden als das fomvollendetste . . . .

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Von dort führt uns der Königsweg durch das Florianstor auf den riesigen Krakauer Marktplatz, das Herzstück der Stadt. Er ist der größte mittelalterliche Platz Europas, in zwei Hälften geteilt durch die Tuchhallen mit hübschen Arkadengängen, die leider gerade renoviert werden, sodass der halbe Bau eingerüstet ist. Auf der einen Seite des Plaztes erhebt sich die riesige gotische Marienkirche mit dem berühmten Schnitzaltar von Veit Stoß, auf der anderen Seite ragt der Rathausturm einsam in den Himmel – seines Rathauses hat man ihn im 19. Jh beraubt. Rings um den Platz reihen sich herrliche Bürgerhäuser aneinander, eines schöner als das andere. Markstände, Straßencafes . . . . der Marktplatz ist sozusagen der Salon von Krakau. Von einem Gastgarten aus beobachten wir das bunte Treiben, erstehen noch ein Buch über Krakau und machen uns dann langsam auf den Heimweg – wir haben bereits wieder 32°.
Zurück beim Womo genießen wir noch eine Weile den Luxus gepflegten Campingslebens, dann sind wir wieder reisefähig. Auf dem Weg in die Hohe Tatra steuern wir zunächst ein Kirchlein an, das in unserer Reiseliteratur wärmstens angepriesen wird – sehr zu Recht übrigens. Die Erzengel-Michael-Kirche in Debno Podhalanskie ist ein wirkliches Kleinod. Um sie besichtigen zu können, muss man aber pünktlich sein, es gibt nämlich fixe Besichtigungszeiten. Die kleine Reisegruppe vor dem Kirchlein weiß das offenbar – im Gegensatz zu uns.
Der Pfarrer eilt mit wehender Soutane herbei, schließt sein Kirchlein auf, nötigt den Anwesenden ein Gebet ab und beginnt mit seinem Vortrag – in polnisch natürlich. Wir verstehen ohnehin nichts, also haben wir reichlich Zeit und Muße, die kunstvollen, unglaublich verschiedenartigen Malereien im Inneren des Lärchenholzbaues zu bewundern – sie stehen denen in Rumänien in nichts nach! Zu Hause entdecke ich eine Intenetseite (www.debno.diecezja.pl), das tröstet mich darüber hinweg, dass man nicht photographieren darf – sehr verständlich, die Farben würden das vermutlich nicht aushalten.
Auf der Karte haben wir einen Stausee im Pieninski P.N. entdeckt, bei dem wollen wir unser heutiges Nachtquartier aufschlagen. Es bleibt beim Plan, denn an den See ist nicht heranzukommen – die Wassermengen der letzten Wochen haben etwaige Wege unpassierbar gemacht, von einem brauchbaren Stellplatz ganz zu schweigen. Zur Lösung dieses Problems gehen wir erst einmal essen – das hilft meistens, so auch diesmal. Da es reichlich schwül und gewittrig ist, scheiden Wanderpläne in der Tatra ohnehin aus und die Wahl fällt - für uns völlig abartig – auf die Tourismushochburg Zakopane. Stellplatz gibt´s dort natürlich keinen; unter etlichen Campingplätzen suchen wir uns den kleinsten aus, genießen die kühle Bergluft und bekommen Besuch von der Campingplatz-Mieze, die sich erst verwöhnen lässt, dann mit Grandezza das Womo besteigt und sich seelenruhig zu einem Nickerchen auf Ewalds Fahrerplatz niederlässt.

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Freitag 2. Juli 2010 Zakopane – Olmütz/Svaty Kopecek
Ein kurzer Spaziergang durch Zakopane bestätigt unseren Verdacht: Touristenhochburg! Sehr sehenswert sind allerdings die traditionellen vielgiebeligen Goralenhäuser, die für diese Gegend typisch sind. Ganz unverhofft finde ich auch noch Bunzlauer Keramik und bereichere meine Sammlung um einen weiteren Teller, dann streben wir langsam Richtung Heimat.
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Zuerst sogar sehr langsam! Ferienbeginn in Polen – das gibt viel Stau! Ewald ist ganz frustriert, weil er kaum etwas von den Bergen mitbekommt. Irgendwann ist aber auch die ekelhafteste Fahrerei zu Ende – für uns in Svaty Kopecek, wenige Kilometer nördlich von Olmütz, unserer vorletzten Station. Die äußerste Ecke des riesigen Parkplatzes, der zum Tierpark gehört, ernennen wir mit „Genehmigung“ des Parkwächters zu unserem Übernachtungsplatz, gönnen uns noch ein köstliches tschechisches Bier, bevor wir uns aufs Ohr hauen.
In Svaty Kopecek gibt es übrigens ein sehr sehenswertes Prämonstratenserkloster, das wir aber aufgrund kultureller Übersättigung auslassen.

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Samstag 3. Juli 2010 Olmütz – Nove Mylny CP b. Pavlov/Südufer
Das ist es jetzt definitiv die letzte Stadt – aber was für eine! Im Touristenbüro werden wir mit Prospekten überhäuft und nachdem wir uns kurz über die ausgesprochen wechselvolle Geschichte von Olmütz informiert haben, stecken bis auf den Stadtplan alles ein und lassen uns einfach treiben.

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Alle paar Meter stolpert man über ein neues Baujuwel, es ist wirklich bezaubernd. Wenn´s nur nicht so schauerlich heiß wäre! Nach vier Stunden geben wir auf; wir wollen ans Wasser. Uns schwebt ein südmährischer Stausee nahe der österreichischen Grenze vor. Er schwebt ziemlich lange, denn bei der Umgehung der Autobahn verfransen wir uns ordentlich, hängen uns dann an ein Womo, dessen Pläne die gleichen zu sein scheinen wie unsere. Erfolgreich fahren wir alle beide am CP Strachotin vorbei und sind plötzlich auch schon auf dem Staudamm über den Nove Mlyny dolni. Am Südufer werden wir aber fündig (Name des CP ist verlorengegangen, er befindet sich bei der Abzweigung nach Pavlov). Noch gibt es freie Plätze – Gott sei Dank! Mittlerweile sind wir nämlich schon fast am Siedepunkt angelangt. Das Wasser ist viel zu warm, aber eine Wohltat wird das Schwimmen trotzdem. Danach ist nur mehr relaxen angesagt. Wir sind keine Minute zu früh gekommen, bis zum Abend füllt sich der CP bis auf den letzten Platz.

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Sonntag 4. Juli 2010 CP – Wien
Und plötzlich ist alles vorbei!  Wir packen in aller Früh unsere Siebensachen, so können wir das Womo in Wien innerhalb kürzester Zeit ausräumen.
Eine Viertelstunde dauert die Fahrt zur österreichischen Grenze, dann rollen wir gemächlich durchs Weinviertel nach Hause.
Fast sieben Wochen waren wir in insgesamt 10 Ländern unterwegs. Manche kannten wir schon, die Mehrzahl nicht. Eine Fülle von Eindrücken, die erst einmal verarbeitet werden will. Eines wussten wir von Anfang an und das hat sich während der Reise auch bestätigt: die Reiseroute in umgekehrter Richtung, die aus oben genannten Gründen leider nicht möglich war, ist die wesentlich bessere Variante. Polen und das Baltikum sind eine eigene Reise wert und sollten nicht einfach zu „Mitnahmeartikel“ auf der Rückreise geraten und auch  Finnland ist viel zu schön, um nur als „Transitland“ herzuhalten.
Eine Kostenaufstellung ist aufgrund unserer EDV-Panne leider nicht mehr möglich, aber man kann getrost feststellen: billig ist der Spaß schon allein aufgrund der Entfernungen nicht: wieder zu Hause hatten wir 10.920km mehr auf dem Tacho.
Vielleicht werden wir noch einmal versuchen, ans Nordkap zu gelangen – für den Rest des heurigen Jahres wird  es bei Mittel- und Südeuropa bleiben.

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