Reisebericht von der Fahrt durch die Toskana und Umbrien
Ich glaube, über die kraftfahrtechnischen Belange brauche ich
hier keine Worte verlieren. Viele WOMOisten benützen in Italien die
Autobahn um schneller an ihr Ziel zu kommen. Das sehe ich nicht so,
denn abseits der Autostrada sieht man viel mehr von der herrlichen
Natur. Wir haben keinen einzigen Autobahnkilometer
zurückgelegt.
Der Straßenzustand hat mitteleuropäischen Standard, jedoch
wirklich kleine Nebenstraßen (jene der untersten Kategorie) haben
uns manchmal an die Türkei erinnert.....
Mit der Ver- und Entsorgung gibt es an sich keinerlei
Probleme, es sind die CP's und Stellplätze gut ausgestattet,
letztere meist mit Ver- und Entsorgungsstationen. Manchmal gibt es
da auch Strom. Durch dieses flächendeckende Angebot haben wir auch
kaum auf Park- oder sonstigen Schlafplätzen
übernachtet.
September 2010
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Oktober 2010
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Donnerstag, 16.9.2010 Wien – Wolfgangsee
Wir fahren zu
unserem 1. Forumstreffen. Die Vorbereitungen dazu haben einiges an
Arbeit gebracht, aber jetzt ist es so weit.
Vollgepackt mit
allem, was der Mensch für einen Monat Italien im Herbst zu brauchen
glaubt, rollt der Minimax Richtung Wolfgangsee. CP Lindenstrand, den
wir im April gemeinsam mit Zotti auserkoren haben, ist
unser Ziel. Einen kurzen Abstecher machen wir an den Attersee, um
bei Weyregg einen Uferabschnitt zu inspizieren, an dem Womoisten
Stellplatz beanspruchen wollen. Sehr schnell ist klar, dass das dort
unmöglich ist, ohne alle anderen Erholungssuchenden massiv zu
beeinträchtigen. Wir genießen die kurze Pause für eine Jause bei
Sonnenschein, denn laut Wetterbericht soll sich der nicht lange
halten. Wieso machen wir unser Forumstreffen eigentlich ausgerechnet
im Salzkammergut, wo es erwiesenermaßen ständig regnet? Ach ja, die
goldene Mitte Österreichs!
Am CP gibt es
schon ein „Empfangskomitee“; Gusti und Walter sind da, Haselmaus mit
Vicky, Gabi und Otto, Inge, Horst und mein Freund Max,– fast wie
daheim.
Wir stellen uns
neben Walter´s Womo, weil eine „Wagenburg“ gebaut werden soll mit
dem Ziel, Opposition gegen den drohenden Regen zu machen. Das
gelingt hervorragend.
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Bei der
abendlich-nächtlichen Sitzung bleiben praktisch alle trocken bis auf
Ewald, der aufgrund bautechnischer Mängel in der
Regendachkonstruktion allerhand Wasser abbekommt. Daraufhin
bestreitet Walter den Rest des Abends vorsichtshalber mit dem Schirm
in der Hand.
Es wird ein sehr
heiterer Abend, es muss auch allerhand getrunken werden – WEIL ES
DOCH SO KALT IST! Yucca unterzieht mich einem Schnellsiedekurs
in Sachen Toskana; ich kann gar nicht so schnell denken wie sie
unsere Route durchmustert und anreichert. Für morgen stellt sie mir
eine Karte mit zusätzlichen Vorschlägen in Aussicht.
Freitag 17.9.2010 Wolfgangsee CP Lindenstrand Campertreffen
Am Vormittag
klopft´s und Yucca steht tatsächlich mit einer Karte vor der Tür –
ich bin ganz gerührt. Allerdings ist jetzt die Qual der Wahl noch
größer! Na ja – schau ma amal!
Das
Salzkammergut schaut auch. Hauptsächlich grau, aber was ein
richtiger Camper ist, der lässt sich von so einer Kleinigkeit nicht
aus dem Konzept bringen! Ein Womo nach dem anderen trudelt ein und
so mancher nick-name verwandelt sich erst heute in eine reale
Person. Überall stehen Grüppchen beisammen und fachsimpeln angeregt
über Womo, Satschüssel und Hund.
Gegen abend gibt´s einen Blitzputz im von Gusti und Walter entdeckten „Vergnügungsschuppen“; als ich mit dem Kübel zum Womo zurückgehe, kommen mir schon die ersten - mit Proviantkörben und Flaschen in den Händen - entgegen. Die ham´s aber eilig, die Tische sind ja noch nicht einmal trocken! Es wird ein sehr vergnügter Abend, dessen absolutes Highlight Didi ist. Erst sitzt er da, wie wenn er gar nicht da wär´, plötzlich ist er tatsächlich nicht da - weil er nämlich gegangen ist, seine Gitarre zu holen.
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Aber er kommt wieder – und entwickelt sich zu einer richtigen Stimmungskanone und wir uns zu einer sehr sangesfreudigen Gemeinde. Wie sich das wohl angehört hat? Als besonders textfest erweist sich Gabi, die kommt fast nie ins Schleudern.
Samstag 18.9.2010 Wolfgangsee CP Lindenstrand
Wir stechen in den Wolfgangsee! Ziel ist St. Wolfgang; dort halten sich so wenige Touristen auf, dass wir den Fremdenverkehr ein wenig ankurbeln wollen.
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Es ist wirklich ein hübscher Marktflecken, halt arg wenig Platz. Damit sich Marzipan und Kuchen nicht allzu sehr anlegen, steigen wir auf den Kalvarienberg – von dort hat man eine tolle Aussicht.
Abends wird gefuttert beim Gamsjäger. Leider haben nicht alle Glück mit ihrer Bestellung – die Reinanken für Inge und Susanne haben sichtlich eine Schlankheitskur hinter sich und werden - wenig ehrenvoll – umgetauft auf „Keinanken“. Ich hab mehr Glück, mein Hirschgulasch ist ausgezeichnet.
Sonntag 19.9.2010 Wolfgangsee – Salzburg
Jetzt, wo das
Treffen ausklingt, wird es schön. Schade für die, die morgen wieder
arbeiten müssen. Für den Rest ist´s natürlich höchst erfreulich,
besonders für die Italienfahrer.
Schaut so aus,
als hätte es allen gefallen. Die Teilnehmeranzahl war jedenfalls
fürs erste Mal beachtlich.
Wir machen uns
reisefertig, schütteln viele Hände, streicheln alle Hunde und machen
uns auf den Weg nach Salzburg. Wenn man so nah ist, kann man an
Mülln nicht einfach so vorbeifahren. Wie gewohnt, stellen wir uns
nach Leopoldskron und marschieren in die Stadt. Es ist geradezu
sensationell, wie leer Salzburg ist – so haben wir das noch nie
erlebt. Nur am Salzachkai nicht: dort ist Markt. Ein paar recht
hübsche Dinge entdecken wir hier, auch Essbares. Wir beherrschen und
aber und erstehen nur ein Mitbringsel für unsere treue Nachbarin,
die zu Hause nach dem Rechten schaut und Blumen gießt.
Spätnachmittags sitzen wir bei Bier und Radi im Bräustübl und wärmen
Erinnerungen auf. Der Marsch zurück zum Womo bringt die nötige
Bettschwere für einen ordentlichen Genesungsschlaf meines noch immer
verkühlten GG.
Montag 20.9.2010 Salzburg –
Lienz 216 km
Schon in der
Früh steht fest: das wird ein Glocknertag. Das Frühstückszeremoniell
wird gekürzt, wir eilen nach Freilassing, um dort eine Gasflasche zu
erstehen, kehren ins Heimatland zurück und wenden uns gen Süden. Die
imponierenden Felswände des Tennengebirges und des Steinernen Meeres
begleiten uns zuerst, aus den Tälern fließen die nächtlichen Nebel
ins Tal und lösen sich dort in der Sonne auf; die Burg Werfen grüßt
die Reisenden von oben herab – Gott sei Dank ist kein Wegzoll mehr
zu entrichten. Das Salzachtal wird eng, in St. Veit entdecken wir
einen kleinen CP „Sonnenterrassen“, wo wir unser WC ausleeren dürfen
(kostenlos) und dann sind wir auch schon in Bruck, wo wir uns an die
Überquerung des Alpenhauptkammes machen.
Es herrscht richtiges Kaiserwetter, das die Fahrt zu einem echten Erlebnis macht. Immer wieder bleiben wir stehen, um die traumhaft schönen Blicke in die Bergwelt zu genießen; viele Gipfel und etliche Nordhänge sind schon ordentlich weiß und glänzen eitel in der Sonne, darüber spannt sich ein tiefblauer Herbsthimmel und es ist richtig warm. Ein prachtvoller Tag für eine Glocknerfahrt. Ewald wuchtet das Womo die Stichstraße zur Edelweißspitze hinauf, wo wir das unglaubliche Panorama der umliegenden Dreitausender auf uns wirken lassen.
Montag sei Dank ist das Verkehrsaufkommen recht bescheiden, sodass wir sogar einen Parkplatz finden. Auf der Franz Josefs Höhe betrachten wir bekümmert den kläglichen Rest der Pasterze – wirklich ein jammervoller Anblick – vor 50 Jahren hat sie sehr anders ausgesehen. Nach viel zu vielen Fotos und Filmmetern machen wir uns an den „Abstieg“. Das Mölltal liegt schon in tiefem Schatten, nur das Kirchlein von Heiligenblut leuchtet noch kurz in der Sonne, dann ist der Zaubertag vorbei.
In Winklern schwenken wir Richtung Lienz ein, die Dolomitenwände leuchten im Streiflicht durch den sonnendurchfluteten Wald herüber und dann stehen wir auch schon auf unserem „Privatübernachtungsplatz“ beim Fußballplatz. Spaghettikochen, das Einparken der LKW´s kommentieren, dem Mond beim Aufgehen zuschauen, Reisebericht schreiben und Schlafengehen.
Dienstag 21.9.2010 Lienz – St. Pauls 252 km
Der Wettergott
will es so: wir fahren die „Große Dolomitenstraße“. In Toblach
zweigen wir ab in Richtung Cortina d`Ampezzo und es dauert
nicht lange, bis wir gar nichts mehr zu sagen wissen vor so viel
Schönheit. Den Auftakt bilden am Dürrensee die „Drei Zinnen“ – ein
Bild, das wohl jeder kennt.
Aber auch auf unserem weiteren Weg tauchen aus dem Wald immer wieder mächtige zerklüftete Felswände auf, bis sich in Cortina das Tal weitet und den Blick auf ein überwältigendes Panorama freigibt, das auch die zahllosen Hotelbauten nicht zerstören können. Weiter geht´s zum Falzaregopass; ein Schild droht mit „maximal 3,20m Höhe“, den Ewald kümmert´s nicht viel, er kurbelt und kurbelt, die Straße schraubt sich unaufhaltsam in die Höhe, jede Serpentine beschert uns neue Felstürme und –nadeln, die sich in den intensiv blauen Himmel bohren, bis wir auf der Passhöhe erst einmal Atem holen – leicht erledigt von so viel spektakulärer Landschaft.
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Wiesen, übersät von den durchscheinend zartlila Kelchen der Herbstzeitlose, bilden den Vordergrund für den Blick ins Tal und auf die schroffen Bergriesen rund um uns – eine atemberaubende Szenerie. An windgeschützten Stellen leuchtet es enzianblau und das Laub einiger Zwergsträucher glüht schon brandrot zwischen den Legföhren. Was soll`s – das Pordoi-Joch will auch bezwungen werden. Also hinunter ins Tal und wieder hinauf. Das kompakte Massiv der Sella kennen wir schon vom vorigen Herbst – von dieser Seite ist es nicht weniger eindrucksvoll; etliche Paragleiter schweben um ihr „Haupt“. Am Parkplatz der Seilbahn (privato!) veranstalten wir ein Restlessen aus dem, was die Bordküche so übrig hat und machen uns auf den Weg nach Auer, wo wir den Stellplatz beim Freibad anpeilen. Der hat aber doch beachtliche Schräglage, sodass wir uns wieder nach St. Pauls verziehen, wo wir schon sehr gut genächtigt haben und es auch diesmal wieder tun, nachdem wir im Schreckensteinkeller eine ganz köstliche Jause verdrückt haben.
Mittwoch 22.9.2010 St. Pauls - Bardolino 195 km
Dummerweise habe
ich gestern den Riesling aus der Lage Montiggl gekostet . . .
.
Nach unserem
Umweg über die Kellerei St. Michael darf Ewald „endlich“ wieder
einen Pass fahren – Passo Mendola! Auch hier war ich vor 40 Jahren –
es hat sich allerhand verändert, was uns rasch ins Tal absteigen
lässt, zumal Ewald gesundheitlich noch nicht so ganz
wiederhergestellt ist – also eine Wanderung nicht in Frage kommt.
Eine ganz neue Landschaft nimmt uns auf und begleitet uns bis zum
Gardasee. Kurz sehen wir ihn von oben; smaragdgrün liegt er da,
schmal, umstanden von hohen, eindrucksvollen Felswänden. An seiner
Ostseite fädeln sich die Ferienorte aneinander; wunderschön ist es
hier, aber eng - kaum Platz für all das, was der Gast sich wünscht –
am allerwenigsten für Parkplätze, und schon gar nicht für ein Womo!
Walter sei Dank wissen wir aber, wo wir Womo und Haupt betten
können, sollten wir nicht selbst fündig werden. Wir werden nicht
fündig, wir sind einfach zu müde – und checken auf dem CP Serenella
ein. Hübsch ist es hier! Hübsch viel Arbeit kostet es auch, bis das
Womo gerade steht, aber dann schlenkern die Seelenbeine nur so vor
lauter Entspannung. Die wichtigste Nachricht des Tages: heute,
am 22. September, hat der Gardasee annehmbare Badetemperatur!
Natüüürlich war ich drin! Wasser ohne mich gibt´s nicht (fast
nicht). Wir essen köstliche Pizza am Seeufer, Möwen jagen sich
gegenseitig die Fische ab, ein Ruderboot mit „Stehruderern“ kommt
vorbei (Grundkurs für Gondoliere ???), die Sonne geht unter (sehr
dekorativ), der Mond geht auf (Vollmond, voller geht´s gar nicht),
wir gehen nach Hause – Ewald „erinnert“ mich, dass der Reisebericht
nachhinkt.
Das stimmt leider. Und schon sitz ich hinter bzw. vor dem Läppi. Schreibend erinnern und dazu ein Bier der Augustiner Klosterbrüder in Mülln ist auch Entspannung.
Donnerstag 23.9.2010 Gardasee / Bardolino; 0 km
Der Dreiklang
aus Bergen, smaragdgrünem See und mediterraner Vegetation ist
einfach unwiderstehlich! Wir wandern an Ufer entlang nach Bardolino.
Im Ortskern mit den hübschen Häusern geht es recht gemütlich zu;
auf der gesamten Uferpromenade findet allerdings gerade der Wochenmarkt statt. Es ist wirklich erstaunlich, auf wie wenig Raum so viele Autos samt Verkaufsständen Platz finden. Eine Weile betrachten wir das seltsame Treiben, dann machen wir uns wieder auf den Rückweg, auf dem wir ein recht eigentümliches Duo entdecken . . . . .
Nachmittags machen wir es uns in der Sonne auf der Wiese gemütlich, bis uns die kühle Abendbrise wieder ins Womo und später zum Essen treibt.
Freitag 24.9.2010 Bardolino - Cinque terre 327 km
Die
„Abreiseformalitäten“ sind schnell erledigt, Frischwasser,
Grauwasser, WC, Womoblitzputz, Wäsche abnehmen, zahlen und ab die
Post. Für heute hat der Chauffeur die Route gelegt und die Frau
Navigationsrat darf plaudern. Über Villafranca – Mantova –
Casalmaggiore – Parma – durchqueren wir die Poebene auf der
Bundesstraße 62 und geraten auf ebendieser in ein wunderschönes
Berggebiet, das - vorbei am Mte. Cassio - mit beachtlichen
Paßstrassen aufwartet, auf denen laut einer Informationstafel auch
Enzo Ferrari seine ersten Runden gedreht haben soll. Wir sind eine
Spur langsamer unterwegs als er, wir wollen ja was haben von der
herrlichen Gegend. Bei Pontremoli ist der Zauber vorbei; die
Wirklichkeit hat uns wieder aufgrund von a) Spritmangel und b)
Hunger. B wird zugunsten von A vergessen, weil wir an den
Tankstellen unentwegt nach den Preisen schielen, bis wir plötzlich
in La Spezia sind. Dort ist die Freitagnachmittagsghölle los, aber
wir finden endlich preiswerten Sprit. Hunger haben wir immer noch,
dafür aber mangels Informationspause keinen Stellplatz. Wir befragen
unseren Läppi; der weiß einen, wir finden ihn sogar, er ist aber
unbrauchbar – direkt am Hafen von La Spezia und dementsprechend
laut. Neuerliche Pfadfinderarbeit fördert einen Acsi-Platz zutage,
weit im Norden von Cinque terre gelegen, dafür vielversprechend. Es
wird sehr spannend: der erste Ausfahrtversuch aus der Stadt mittels
Navi endet vor zwei steinernen Brückenbögen, deren zweiter noch
niedriger ist als der erste und sogar Ewald die Erkenntnis abringt,
dass wir dort nicht schadlos durchkommen. Es wird richtig gemütlich:
vor uns die Bögen, hinter uns Autos, deren Fahrer auch dorthin
möchten, wo wir hinstreben. Leider können sie nicht erkennen, dass
das erst dann möglich sein wird, wenn sie uns zurückfahren lassen.
Stur wie die Böcke stehen sie da und nichts geht mehr. Plötzlich
taucht neben uns ein Mann mit einem Ausweis (?) auf, macht ein paar
unmissverständliche Handbewegungen und siehe da – die werten
Verkehrsteilnehmer können mit einem Mal doch erkennen, dass es
notwendig ist, Platz zu machen.
Wir bedanken uns
und tappen in den nächsten Fettnapf. Die gewählte Straße wird
steiler und enger und enger und steiler, bis es heißt: das Ganze
zurück. Der dritte Versuch bringt uns dann auf zwar ebenfalls
reichlich engen und kurvigen Straßen – aber durch eine traumhaft
schöne Landschaft – zum Ziel. Nächstes Missgeschick: der CP ist voll
belegt. Es wird uns eine „Ausweichmöglichkeit“ empfohlen, die wir
aber dankend ablehnen und stattdessen auf den ebenfalls vorhandenen
- ausdrücklich Bussen und Womos „gewidmeten“ - Parkplatz
einschwenken. Gerade rechtzeitig, denn kurze Zeit später tauchen
mehrere solcher Gefährte auf und begehren hierorts zu bleiben. Es
wird richtig gesellig, jetzt sind wir schon zu sechst.
Samstag 25.9.2010 Deina - Marina Monterosse 37 km
Auch am späteren
Abend und nachts ist durchaus für Abwechslung gesorgt. Gegen halb
elf bricht direkt über uns ein gewaltiges Gewitter los; Blitze jagen
durch die Finsternis, gleichzeitig zerreißen Donner, die zwischen
den Berghängen hin und her geworfen werden, mit
ohrenbetäubendem Krachen die Nacht. Sturzbachartige Regenfälle
prasseln auf das Womodach, was sich wie Hagel anhört, Gott sei Dank
aber keiner ist. Bis tief in die Nach hinein dauert das himmlische
Donnerwetter und insgeheim mache ich schon ein Kreuz über die cinque
terre. Nach derart viel Wasser würde man wohl kaum auf Saumpfaden
durch die Weinberge und Olivenhaine wandern können.
Aber siehe da:
alles kommt ganz anders. Der Morgen schaut aus blanken Augen ins
Womo und dort in ziemlich ungläubige Gesichter. Vom
tiefblauen Himmel lacht die Sonne und lockt uns vor die Tür. Aber
ach, was sehen wir denn dort? Wo gestern noch ein Parkplatz war,
erstreckt sich heute ein See. So tief, dass man das Womo trockenen
Fusses nicht verlassen kann, auch nicht mit Wanderschuhen.
Also ist dringend ein Ersatzprogramm erforderlich. Wir durchqueren mit dem Minimax das neue Gewässer, kehren dem ungastlichen Ort den Rücken und steuern Monterosso an. Es wird mir ewig ein Rätsel bleiben, wie man in ein derart schwieriges Gelände solche Straßen bauen kann – einfach sagenhaft. Die Landschaft ist traumschön, aus den tief eingeschnittenen Tälern blickt man von oben über die Weinberge und Olivenhaine immer wieder auf die winzigen Dörfer, die an den Hängen kleben oder auf Bergkuppen thronen und natürlich hinaus aufs tiefblaue Meer. Gutes Augenmaß braucht man für diese Sträßchen, Liebe zum Kurvendrehen und – starke Nerven!
In Monterosso finden wir tatsächlich einen Stellplatz (immerhin ist Samstag), steigen in ordentliche Schuhe und machen uns auf den Wanderweg nach Vernazza. Es beginnt ganz harmlos. Nach der Mautstelle fängt dann allerdings der Ernst des Lebens an. Es wird steil, sehr steil, vor allem mit sehr hohen Stufen und langsam macht sich in uns Respekt vor jenen breit, die hier in diesem ausgesprochen unwegsamen Gelände Tag ein Tag aus mit Wein- und Olivenanbau ihren Lebensunterhalt verdienen und nicht wie wir zum Vergnügen hier herumsteigen. Der Weg ist meist nicht mehr als ein Saumpfad, oft abgebröckelt und nur notdürftig gesichert, aber die Ausblicke sind atemberaubend – einfach nicht zu beschreiben.
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Für Leute, die nicht schwindelfrei sind, ist das nix! Nach unzähligen Foto- und Verschnaufpausen landen wir wohlbehalten in Vernazza, das vor Touristen geradezu überquillt. Wir verziehen uns mit einem Gelati auf eine Bank mitten im Zentrum und ergötzen uns am samstäglichen Treiben, bis unser Zug fährt, denn das Schiff, mit dem wir hätten fahren wollen, fällt aus. An ein Anlegemanöver ist nicht zu denken; der Wind hat derart aufgefrischt, dass an den mächtigen Felsbrocken der Hafenmole die Brecher aufsteigen und den dort Sitzenden eine kräftige Dusche verpassen – sehr zum Gaudium der Zuschauer.
In Monterosso
schauen wir zu, wie die Abendsonne das Meer, die Berge und die
pastellfarbigen Häuser vergoldet, dann suchen wir uns in der
„zweiten Reihe“ abseits des eitlen Promenadentreibens einen Platz,
um unseren Hunger zu stillen.
Essen macht
müde, drum legen wir uns jetzt mit Muscheln und Pizza im Bauch in
die Federn.
Sonntag 26.9.2010 Monterosso - Lucca 197 km
Schon wieder
schönes Wetter und auch die Knie sind nicht so beleidigt, wie ich
befürchtet habe. Ewald legt die Route, dreht aber mir den Job des
Navigators an, weil des Navi´s Pläne manchmal doch ziemlich
eigenwillig sind - ein 200m kürzerer Weg kann unter Umständen
Stunden kosten – das wollen wir nun doch nicht. Vom Meeresniveau
schrauben wir uns wieder in die Höhe, murksen ein bisschen herum und
erwischen endlich die Straße nach Carrara. Wir machen aber nicht in
Marmor, sondern in Gebirge (zuhause haben wir so wenig davon!),
biegen kurz nach Carrara links ab auf die 446, die uns nach
Fosdinovo mit seiner Zitadelle bringt und sich dann eng und
kurvenreich zum Passo Carpinelli hinauf über die Apuanischen Alpen
windet.
An der Ostseite dieser Bergkette würde man kaum vermuten, in der Toskana zu sein. Kaum Olivenhaine, selten einmal eine Zypresse, dafür abwechslungsreiche Landschaft mit winzigen Ansiedlungen, ausgedehnten Esskastanienwäldern und großartigen Ausblicken auf die westlichen Ausläufer des Appennin, dessen höchste Gipfel doch knapp 2000m hoch sind. Wieder im Tal haben wir die Qual der Wahl, die dann letztlich auf Barga fällt. Wunderschön ist es hier, alles stimmt wunderbar zusammen: der weiße Dom, die umliegenden waldbedeckten Berge, in der Ferne die Apuanischen Alpen, zu Füßen des Domplatzes ein wunderhübscher Garten mit subtropischer Bepflanzung, in dem sich ein klitzekleines Orchester (sogar eine Mandoline ist dabei) an alten italienischen Volksliedern versucht – sehr stimmungsvoll.
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Gegen 16h brechen wir auf nach Lucca; unterwegs muss noch in Borgo ein Foto gemacht werden von einer wirklich wundenbaren alten Steinbrücke, die sich mit unterschiedlich weiten Bögen über den Fluss bzw. Stausee spannt, aber leider schon im Schatten liegt (in der Türkei würde man dazu osmanische Buckelbrücke sagen).
Wir lassen uns vom Navi zum Stellplatz dirigieren, ich hab vom Lotsen heute genug. Reisen „büldet“ nicht nur, wie mein Göttergatte zu sagen pflegt, es ermüdet auch, weshalb ich jetzt leider schlafen gehen muss.
Montag 27.9.2010 Lucca - Pisa 28 km
Man möchte gar
nicht glauben, wie viel es in der Toskana regnet! Zumindest im
Herbst habe ich etwas trockeneres Wetter erwartet. Vor lauter
Getrommel haben wir beide nicht viel geschlafen, deshalb wird zur
Herstellung des seelischen und sonstigen Gleichgewichts erst einmal
ordentlich gefrühstückt, damit wir bei Kräften sind, wenn wir in die
Altstadt stiefeln. Dank des recht wankelmütigen Wetters ist die
Altstadt noch weniger tourismusbelastet, als angekündigt.
Tatsächlich gewinnt man einen recht authentischen Eindruck von
mittelalterlichem Leben, wenn man von motorisierten Gefährten aller
Art einmal absieht. Irgendwann im Lauf des Tages drängen sich
Erinnerungen an Tallinn ins Bild –
auch dort ist in der Altstadt alle Welt zu Fuß unterwegs – wie
modern! Sicher ist Lucca viel schöner, als es das heute bei
Regen zeigen kann. Der Dom gefällt mir besonders gut in seiner
Zurückgenommenheit – auch im Inneren. Man muss ihn wirken lassen.
Nicht die Großartigkeit imponiert; die Schönheit liegt in der
Ausgewogenheit und im Detail
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Das
Fotografierverbot tut gut – man lässt sich Zeit zum Schauen und
sieht mehr.
Nach etlichen
Irrwegen finden wir auch zur bezaubernden Piazza Mercato, die nicht
nur an ein Amphitheater, sondern uns auch an den Plaza Mayor in
Chinchon (Spanien) erinnert, der dank seines Bühnencharakters
seinerzeit schon von Orson Wells für Filmaufnahmen genutzt wurde.
Wenig ist mehr – bevor es zu viel wird, gehen wir und lassen das
wirken, was wir gesehen und erlebt haben. Auf der Stadtmauer wandern
wir bis zu „unserem“ Tor und zurück zum Stellplatz, der für das, was
er bietet, nicht gerade billig ist; sein „Nachbar“ CP Serchio,
kostet fast genau so viel (€ 15,-), dort gibt´s aber Duschen und WC,
wie wir aus seriöser Quelle wissen (Stand April 2010).
Es ist noch früh
am Tag, deshalb machen wir uns auf den Weg nach Pisa. Mittlerweile
hat die Gehirnwäsche der Ewigbesorgten bezüglich Diebstahls sogar
bei mir Wirkung gezeitigt und ich plädiere für einen CP – in Pisa
übrigens offenbar den einzigen: „Torre Pendente“. Eine gute Wahl,
wir fühlen uns wohl, können ausrasten, das Womo stehen lassen, den
Chauffeur dienstfrei stellen und Florenz „by train“ erobern. Morgen
ist aber erst einmal Pisa an der Reihe.
Dienstag 28.9.2010 Pisa CP Torre Pendente
Nachdem wir die Bahnstation ausgekundschaftet haben, verbringen wir einen angeregten Vormittag in der Stadt, in der es recht quirlig zugeht. Viele junge Leute sind unterwegs – kein Wunder bei 25000 Studierenden. Das Wetter hält uns nett in Bewegung; bei jedem Regenschauer heißt es Anorak an, kaum ist er vorbei, wird´s wieder ziemlich warm, also wieder raus aus der Regenhaut. Das wiederholt sich gut und gern sechs- oder siebenmal. Dazwischen wandern wir durch die engen Gassen, entdecken einen kleinen Markt, auf dem auch die Einheimischen einkaufen. Aus allen Ecken Italiens gibt es herrliches Obst und Gemüse, Salate, Mangold, Artischocken, traumhafte Steinpilze, aber leider: wir sind morgen nicht zu Hause. Nur ein paar Tomaten nehmen wir mit und köstliche Muskatellertrauben. Ohnehin scheint sich hier alles ums Essen zu drehen, jedes zweite Geschäft verkauft Essbares: Brot, Fleisch, natürlich Prosciutto, Käse, Wein, besondere Mehlsorten, frische Pasta und unglaublich viele Süßigkeiten. Hier dürfte das Greißlersterben wohl kein Thema sein. Lokale – oft winzig klein und in unglaublich engen Gassen – gibt es mindestens genauso viele, egal, ob Bar, Pizzeria, Ristorante oder auch nur eine Gelateria – es ist einfach unmöglich, keinen Appetit zu bekommen. Zu Mittag wird es ruhiger, die Geschäfte sperren zu, es wird gegessen und wir wandern auf die Piazza dei Miracoli – den Platz der Wunder.
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Er verdient diesen Namen schon allein deshalb, weil sich pünktlich perfektes Licht zum Filmen und Fotografieren einstellt. Aber im Ernst: Dom, Baptisterium und Turm bieten ein Bild märchenhaft schöner Vollkommenheit, gleichgültig, ob der Turm nun schief ist oder nicht. Freilich fesselt der zunächst am meisten; in natura wirkt seine missliche Lage ja weitaus befremdlicher und beängstigender als auf jedem Foto. Wir haben uns vorher eine 3D-Video-Show über die mannigfaltigen und unterschiedlichen Rettungsversuche angeschaut, sodass uns die technischen Gegebenheiten einigermaßen vertraut sind. Trotzdem - die Faszination bleibt; es ist einfach nicht zu begreifen, dass dieser Turm nicht nur nicht kippt, sondern seinen inneren Zusammenhalt nicht verloren hat.
Irgendwann findet man aber doch in den Dom mit seiner strengen Architektur, der wunderbaren Kanzel von Pisani (Sohn)
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und ins Baptisterium mit seinem riesigen, achteckigen Taufbecken, der Kanzel von Pisani Vater, der ersten freistehenden Kanzel überhaupt (1259/60), die als das schönste plastische Meisterwerk der Romanik gilt. Während wir sie noch betrachten, schließt der Aufseher plötzlich die Türen, ersucht alle Anwesenden recht gebieterisch um Ruhe. In das erwartungsvolle Schweigen hinein singt jemand ganz unvermutet die einzelnen Töne mehrerer Akkorde und demonstriert die atemberaubende Akustik der riesigen Taufkapelle – ein herrlicher Klang!
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Zurück aus den
himmlischen Gefilden nehmen wir noch einmal den Platz in seiner
Gesamtheit in den Blick, bevor wir zurück zum CP wandern.
Der
Wetterbericht für morgen ist gut!
Mittwoch 29.9.2010 Pisa CP Torre Pendente – Ausflug nach Florenz
Fahrpläne sind
gut, aber leider nicht immer richtig. Auch unserer ist es nicht. Wir
wissen das, sobald zur gewünschten Abfahrtszeit kein Zug erscheint.
Satte zwei Stunden kostet uns dieser Lapsus, was unseren
Florenzbesuch natürlich etwas beeinträchtigt. Wir versuchen, das
Beste daraus zu machen, entern beim Bahnhof einen Sightseeingbus
(Hop on hop off) und fahren eine volle Runde. Sie zeigt uns: am
schönsten ist Florenz vom Piazzale Michelangelo aus und von hier
(und nur von hier) sind die beeindruckenden Ausmaße des Domes
erkennbar.
Die gewaltige Kuppel, der imposante massive Kirchenbau, der Campanile – unten im Häusermeer sind sie kaum zu erfassen. Im Nachmittagslicht ist der Blick auf die Stadt mit ihren Brücken hinreißend. Hinter uns thront hoch oben die angeblich “schönste Kirche“ von Florenz: San Miniato al Monte – dorthin lenken wir unsere Schritte zunächst und bewundern den romanischen Bau mit der in der Renaissance hinzugefügten inkrustierten Fassade und dem wunderbar harmonischen Inneren.
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Vom Vorplatz der Kirche ist der Blick ins Tal womöglich noch schöner. Dorthin begeben wir uns jetzt auch, überqueren den Arno und wandern durch die Gassen, vorbei an San Croce, verschiedenen Plätzen und Palästen zum Dom, der bereits geschlossen ist. Das ist gut so, denn für heute muss es genug sein. Wir haben einen ersten Eindruck von der Stadt und wissen: wenn man der Kunst wegen kommt, tut man das am besten im Winter – man steht dann nicht so lange Schlange.
Donnerstag, 30.9.2010 Pisa – Golf v. Baratti 128 km
Der
Wetterbericht hat Strandwetter versprochen, wir sind ohnehin etwas
stadtgeschädigt, also auf nach Süden an die Küste!
Die CP-Leitung
verabschiedet uns sehr freundlich, gibt uns 20% Rabatt und eine
Rabattkarte, die wir auf unserer weiteren Strecke mindestens noch
zwei- bis dreimal werden nutzen können. Wir nehmen die Via Aurelia
unter die Räder, erst geht es durch Schwemmland, später steigen im
Hinterland dicht bewaldete Hügel auf, die die Straße zeitweise hart
an die Küste drängen und für spektakuläre Ausblicke sorgen. Vor
Livorno liegen Frachter auf Reede, weit draußen ahnt man im Dunst
die Isola Gorgona. Bis San Vincenzo nützen wir die gebührenfreie
Autobahn, dann fädeln wir uns wieder auf die Straße direkt an der
Küste ein, die uns bis zum Golf von Baratti bringt.
Ein ganz besonders malerischer Küstenstrich, den man aber als Womofahrer absolut vergessen sollte. Zunächst orientieren wir uns an der Zufahrtsbeschreibung des WOMO-Führers Toskana und Umbrien West, derzufolge man nicht nach Popoulonia hinauffahren kann (2m Breitenbeschränkung), wohl aber bis zu diversen Parkplätzen. Das tun wir auch, rätseln eine Weile an den umfangreichen Datumsangaben herum, bis wir herausgefunden haben, dass wir ab 13.9. – 30.9.2010 gebührenfrei parken dürfen. Wir freuen uns, schlüpfen ins Badegewand, schnappen uns die Liegen und steigen zum Strand in die kleine Bucht hinab. Herrlich – wir kommen heuer noch zu einem Bad im Meer! Erst ein ausführliches Sonnenbad für eine ausreichend hohe Ausgangstemperatur und dann hinein ins kühle Nass! Es ist wie mit den letzten Rosen des Jahres – so wie sie sind die letzten Badetage die kostbarsten. Apropos kostbar: beinahe hätten wir das Wörtchen „kostbar“ durch kostspielig ersetzen müssen: wie wir grad so zum Trocknen in der Sonne liegen, fragt uns eine Frau, ob das Womo da oben uns gehöre, da stehe die Polizei und zücke gerade den Stift, denn Fahrzeuge über 2m Breite seien verboten. Gestern sei auch schon jemand aufgeschrieben worden, € 160,-- koste der Spaß. Ewald stapft nach oben, um Schadensbegrenzung bemüht, ich stolpere mit zwei Liegen und der Badetasche hinterdrein. Oben angelangt, sehe ich gerade noch, wie mein Göttergatte mit dem Womo hinter der Frau Polizistin schwungvoll vom Platz kurvt. Mein Handlungsspielraum – in Badeanzug mit zwei Liegen + Tasche – ist doch eher gering, also steuere ich mit meinem Kram die nächste Bank an und harre der Dinge, die da hoffentlich kommen werden. Erfreulicherweise steckt wegen eines Gratulationsanrufes mein Handy in der Badetasche; es dauert auch gar nicht lange, bis es klingelt und Ewald mir mitteilt, wo er ist und dass er sich jetzt kurzfristig den Anweisungen der Ordnungshüterin widersetzen wird, um mich zu holen, denn er steht 2km weiter weg auf dem regulären Stellplatz. Seinen Einwand, dass er mich nur schnell holen wolle, hatte die Dame kurzerhand ignoriert – vielleicht auch nicht verstanden – subito solle er ihr folgen und er war gefolgt (€ 160,-- sind ein starkes Argument, dafür lässt man die Göttergattin schon mal kurz sitzen . . . ). Fünf Minuten später bin ich wieder an Bord und wir kehren brav und folgsam auf den offiziellen Stellplatz zurück, der übrigens wirklich sehr geräumig ist, Entsorgungsmöglichkeit und überdies eine schöne Aussicht auf die Berge hat.
Also für alle „Nachfahren“: die 2m Breitenbeschränkung gilt praktisch für alle Strandzufahrten und ist durchaus ernst zu nehmen, was sehr bedauerlich ist, denn der Platz ist ein Traum. Schade!
Freitag 1.10.2010 Golf v. Baratti – Marina di Grosseto 238 km
Beim Aufwachen
scheint noch die Sonne, was sich aber bald ändert, weil von Norden
eine recht finstere Wolkenarmada daherkommt. Das Brot ist auch
schimmlig – scheint kein Prachttag zu werden!
Wir probieren an
der Küste entlangzufahren – angeblich der schönsten der ganzen
Toskana! Wahrscheinlich stimmt das sogar, wir sehen´s nur nicht,
denn die gesamte Küste ist fest in den Händen der Tourismusindustrie
und weiter oben in denen der Reichen und Superreichen. Bemäntelt
werden diese Umstände lediglich durch schier endlose Pinienwälder,
die sich zwischen Straße und Küste dahinziehen wie zum Beispiel in
Punta Ala, wo uns die Karte einen tollen Aussichtsplatz vorgaukelt.
Einen hübschen Zwischenstop machen wir in Castiglione, von dessen
Burgberg man den weiteren Küstenverlauf verfolgen kann.
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In Marina di Grosseto besichtigen wir unser für heute geplantes Nachtquartier und machen einen Hupfer nach Grosseto, das sich gerade zu einem Fest rüstet, ansonsten aber von Tourismus ziemlich unbeleckt ist.
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Was uns in die Maremma lockt, ist eine auf biologischer Basis arbeitende „Farm“, die ein heimatmüder deutscher Unternehmer hier aufgebaut hat. Verwandte von uns haben in Erwägung gezogen, nächstes Jahr hier zu urlauben – ich vermute, sie werden diesen Plan aufgeben. Das ist pures Agrarland, Hügel voller Olivenbäume und Weinreben, auf den Feldern leuchten die Pepperoni und Tomaten, zum Meer sind es 3km und es gibt Myriaden von Moskitos. Wir kaufen ein bisschen von den hier erzeugten Produkten, nehmen Informationsmaterial mit und machen uns wieder auf den Rückweg. So einfach der auch ist, wir verfransen uns trotzdem und sind heilfroh, als wir auf dem Stellplatz in Marina di Grosseto eintreffen. Wie in Badeorten üblich, ist um diese Jahreszeit bereits tote Hose, sodass wir noch die Bordküche eröffnen, damit uns unsere Mägen nicht nächtens wachknurren.
Samstag 2.10.2010 Marina d. Grosseto – Orvieto 158 km
In der Früh ist
der Stellplatz voll mit italienischen Womos. Die müssen einen
interessanten Wetterbericht gehört haben; sogar von zwei Tagen
Badewetter ist die Rede. Ausschauen tut´s nicht so. Wir verziehen
uns nach Osten, dort ist erstens das Wetter besser, außerdem möchten
wir uns den Dom von Orvieto ansehen und auch die Stadt selbst. Unser
Navi führt uns von einem Hügel zum nächsten, die Sonne kommt heraus
und scheint freundlich auf die wunderhübsche Landschaft.
Kurz vor Orvieto
kommt dichter Nebel auf und nimmt jede Sicht auf den Tuffsteinkegel
mit der Stadt – im Nachhinein mutet es an wie ein Vorzeichen. Wir
kommen zum Parkplatz im Süden von Orvieto, der gar nicht für uns
gedacht ist, Ewald fährt trotzdem schwungvoll hinein, es wird
immer enger, dann ist es zu eng und scheppert ziemlich
unmissverständlich von rechts hinten.
Kleine Ursache –
große Wirkung! Die rechte Pobacke unseres Womo hat einen Smart
gestreift. Der hat nur ein paar Schrammen, bei uns steht die halbe
Stoßstange weg und die Steckverbindungen zu sämtlichen Rückleuchten
sind getrennt und ragen ziellos in die Luft. Meine
Lieblingssituationen sind das nicht, was aber gar nichts hilft. Wir
müssen möglichst schnell den Weg frei machen und können aber nicht.
Zuerst muss das Womo wieder notdürftig fahrbereit gemacht werden.
Wir machen ein Foto des beschädigten Fahrzeuges, hinterlassen dem
Lenker eine Nachricht, dass wir bei der Polizei Anzeige erstatten.
Dort wird´s erst richtig lustig; keiner kann englisch, wir nicht
ausreichend italienisch. Der Chef der Wachstube wird zu Hilfe
gerufen, der den Lenker samt Nummer seines telefonino ausfindig
macht und aufs Revier bittet. Dann folgt das Übliche und zum Schluss
lotst uns der gute Mann auf den Womo-Stellplatz zu Füßen des
Funicolare.
Teil zwei: Ich
will trotz aller Misslichkeiten dort hinauf, aber es ist schon
Nachmittag und die Tuffsteinwand, die sich vor uns aufbaut, wirkt
nicht sehr ermutigend. Die Preisliste des Schrägaufzuges allerdings
noch viel weniger. € 33,-- pro Person `rauf und `runter! Die spinnen
ja, die Orvieter! Erfreulicherweise steht da aber ein Bus, der
momentan beschäftigungslos zu sein scheint. Das kann man ändern;
beim Infoschalter tupfe ich mit dem Finger auf meinen Stadtplan,
suche meine spärlichen Vokabeln zusammen und erstehe zwei Fahrkarten
um je € 1,-- für den Shuttlebus.. Das ist ein vernünftiger Preis,
darüber kann man reden. In rasanter Fahrt bringt uns der Bus ins
Zentrum von Orvieto, von wo wir uns auf den Weg zum Dom machen.
Uns geht´s auch
nicht viel anders als Gusti und Walter; obwohl von ihnen vorgewarnt,
sind wir doch völlig überrumpelt vom plötzlichen Herauswachsen
des Riesenbaues aus den engen Gassenschluchten.
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Was für ein Anblick! Eine phantastisch gegliederte Fassade, die mit ihrer überreichen Formenvielfalt von Türmen, Giebeln, Mosaikbildern, Reliefs, Torbögen und Rosette trotzdem nie überladen wirkt. Eine ganze Weile stehen wir staunend davor und entdecken unzählige, liebevoll ausgeführte Details, wie zum Beispiel die Umrahmung des Hauptportals. Das Dominnere steht dem Äußeren kaum nach und zu den Fresken zu Dantes Hölle und Paradies von Signorelli in der Cappella di San Brizio will ich gar nichts sagen. Diese unbeschreibliche Lebendigkeit und Ausdruckskraft – entstanden im 14. Jh. – muss sich jeder selbst anschauen. Ein Erlebnis!
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Anschließend machen wir einen Bummel durch die hübsche Altstadt, der offenbart, dass wir hier wohl verhungern werden – alle sperren erst um 19h auf. Solange wollen wir nicht warten und weil wir am falschen Ende der Stadt stehen, wo unser Bus keine Haltestelle hat, machen wir uns schweren Herzens an den wahrlich steilen Abstieg. Zum Lohn entdecken wir dafür in den tourismusfreien Niederungen eine Pizzeria, in der Einheimische essen gehen und hier werden wir mit einem köstlichen Mahl belohnt, das noch dazu ausgesprochen preiswert ist. Das können wir gut brauchen bei unserem Loch im Reisebudget.
Sonntag 3.10.2010 Orvieto – Tuore/Lago di Trasimeno 112 km;
Eine unruhige
Nacht liegt hinter uns. Wie werden wir unseren Dicken wieder
fahrfähig machen? Ewald bringt´s fast alleine fertig, nur beim
Bremslicht ist er am Ende mit seinem Latein. Das Ding will
einfach nicht und ohne wollen wir aber nicht fahren. Zu guter Letzt
wird mit dem ÖAMTC telephoniert; der Mechaniker kommt mit dem
Abschleppwagen (!), beschließt dann aber, uns nur zur Werkstatt zu
lotsen (wenig Verkehr) und entdeckt dort schließlich, dass lediglich
die Sicherung ihren Geist aufgegeben hat. Angesichts der ärmlich
herumhängenden Kabel haben wir alle an so was Simples tatsächlich
nicht gedacht. Ewald und der afrikanische Tausendsassa bringen
gemeinsam auch die Stoßstange wieder soweit „in Stellung“, dass wir
unsere Reise fortsetzen können – schaut fast aus wie neu! Also
Aufbruch zu neuen Zielen – sprich zum Lago di Trasimeno.
Wir umrunden ihn auf seiner Ostseite und lassen uns auf dem CP Navaccia in Tuore häuslich nieder. Ein etwas in die Jahre gekommenes Feriendorf, dem man sein Alter deutlich ansieht.
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Aber was soll´s: wichtig ist, man kann duschen und das Womo versorgen. Wenn man will, kann man auch mit den zahlreichen Mücken Fangerl spielen – ich will nicht; lieber schau ich zu, wie die sinkende Sonne die schönsten Farben auf den See zaubert. Der Hunger und die Unlust, selbst zu kochen, treiben uns dann noch einmal vor die Tore des CP ins einzige geöffnete Restaurant, in dem wir gut, aber nicht ganz billig zu Abend essen.
Montag 4.10.2010 Tuore – Montepulciano 51 km
Ganz kurz läßt
sich in der Früh die Sonne blicken, dann zieht sie wieder den
Nebelvorhang vors Gesicht. Auch recht, wir rüsten das Womo und
machen uns auf den Weg nach Westen. In Castiglione sehen wir schon
bei der Einfahrt, dass fürs Womo viel Platz zum Stehen ist. Wir
parken bei der Marina und steigen den Hang hinauf zur
Zitadelle.
Vom Fuß der Mauer hat man einen wunderbaren Ausblick aufs umbrische Meer, die Sonne gibt auch ein neuerliches Gastspiel, sodass wir aus dem Knipsen gar nicht herauskommen. Etliche Olivenbaumveteranen müssen verewigt werden – im Wechselspiel zwischen Nebel und Sonne gemahnen sie mit ihren absonderlichen Gestalten an Trolle – oder Erlkönige?
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Auch die Altstadt ist recht hübsch, wir lassen uns sogar zu einem kulinarischen Mitbringsel für unser Töchterlein verleiten – alles ist so appetitlich hergerichtet und kosten darf man auch: Salami, Pecorino, Olivenöl, Rotwein . . . . .
Weiter geht´s! Der Minimax schwingt sich übers umbrische Hügelland nach Montepulciano, dort lassen wir uns – ganz faul - auf dem großen Parkplatz im Nordosten der Stadt nieder, auf dem die Stadtverwaltung einen Stellplatz eingerichtet hat (€ 10,--/24h). Wir erwischen einen Platz ganz vorne am Rand und haben zunächst eine phantastische Aussicht über das umbrische Hügelland mit Weinbergen, Wäldern und Zypressen bis zum schmalen Streifen des Trasimenersees am Horizont. Die Stadt haben wir im Rücken und von dort kommen jetzt allerdings ganze Gebirge schwarzer, regenschwerer Wolken daher, die ein beachtliches Sauwetter mitbringen. Daraus ergibt sich ganz unprogrammgemäß ein gemütlicher Faulenzernachmittag mit Lesen, Musik hören, Reisebericht nachbessern, während sich draußen heftige Windböen gegen das Womo werfen.
In der Nacht wächst sich der Wind zu einem kleinen Sturm aus, der den Minimax kräftig schüttelt, sodass an erholsamen Schlaf kaum zu denken ist. Ich ahne, dass ich von Montepulciano nicht viel sehen werde.
Dienstag 5.10.2010 Montepulciano – Siena 98 km
Irrtum!
Während des Frühstücks lichtet sich das Gewölk ausgesprochen
dekorativ und die Sonne lockt uns aus dem Womo in die Stadt hinauf.
Ganz dunkel ist es dort noch von der Nässe, etliche Blumentöpfe
liegen noch flach vom Sturm. Langsam richtet sich alles auf den
neuen Tag ein, aber die Sonne lugt schon in manchen versteckten
Winkel und sagenhaft enge, blumengeschmückte Höfe.
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Hübsche Geschäfte säumen die Gassen, viele Restaurants reichen von der Straße bis an die Stadtmauer, wo man von den Terrassen einen herrlichen Blick auf die anmutigen Landschaft genießt. Es hat aufgeklart, wir haben phantastische Fernsicht; immer wieder leuchtet vor den dunklen Wolken ein stadtgekrönter Hügel im Sonnenlicht auf – die Lage der Stadt ist eindeutig ihr größter Vorzug – man kann sich gar nicht sattsehen.
Leider zeigt
sich, dass neue Wolken im Anmarsch sind; sie treiben uns zurück zum
Womo. Das geht sehr bequem, es gibt hier einen Lift zwischen
Busparkplatz und Altstadt (gratis!); nach Orvieto begeistert mich
das sehr. Die Stadtväter bitte vor den Vorhang!!!!!
Pienza ist unser
nächstes Ziel.
Wieder umbrische Hügel – laut Reiseliteratur der Ursprung der „toskanischen Kalenderfotos“. Es stimmt wirklich; malerischer könnte so mancher Abschnitt gar nicht sein – würde es nicht wie aus Kannen gießen. Keine Fotos und auch kein Pienza – von der Straße aus sieht man es kaum bei diesem Schauerwetter – schade, aber nicht zu ändern. Sind wir halt früher in Siena. Wir haben durchaus Verwendung für den Zeitüberschuss. Der angepeilte CP Colle verde erweist sich als preislich nobel (€ 28,--), was meinen GG leicht verschreckt; er hat anderes im Gedächtnis, ACSI Nachsaison und so. Wir kehren um und steuern den Stellplatz „Palasport“ an. Jetzt bin ich verschreckt, denn der soll € 20,-- kosten! Dieses Preis-Leistungs-Verhältnis ist eindeutig schlechter – genau genommen indiskutabel. Ticketautomaten gibt es auch keinen, also mache ich mich auf die Suche nach jemandem, der mir Geld abnehmen würde (hergeben will ich´s ohnehin nicht). Neben den WC-Containern werde ich fündig: in einem weiteren Container kümmert ein Mann vor sich hin, der auf meine konsternierte Anfrage meint, wenn wir morgen vor 09h00 den Platz verlassen, müssen wir nur € 10,-- bezahlen (???????). Verzeihung, aber offenbar spinnen auch die Stadtväter von Siena. Das Ende vom Lied: wir stehen am CP Colle verde, sind im Besitz eines Stadtplanes, eines Autobusfahrplanes, haben eingekauft und uns die Bäuche aus der Bordküche voll geschlagen. Jetzt werden wir erst einmal unser Schlafdefizit ausgleichen.
Mittwoch 6.10.2010 CP Colle verde - San Gimignano 42 km
Per Bus geht´s
vom Hügel flott in die Stadt – ein Vergnügen, da nicht mit dem
eigenen Womo unterwegs zu sein!
Piazza del
Campo“: das ist nicht einfach ein Platz. Das ist ein
architektonischer Geniestreich! Von seinem Rand bis zum
Palazzo Pubblico mit seinem himmelstürmenden Torre del Mangia (102m)
senkt sich der Boden des muschelförmigen Platzes um 10m, was ihm die
Wirkung einer Bühne verleiht, der man sich kaum entziehen kann.
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Obwohl der Turm
an der niedrigsten Stelle zwischen den drei Stadtteilen steht,
überragt er alle anderen Türme der Stadt – einschließlich Dom: ein
unübersehbares Zeichen der Macht.
Der Dom: was
soll ich dazu sagen, was nicht überall nachzulesen wäre? Innen wie
außen: ein Kunstwerk voll von Kunstwerken. Viele Stunden müsste man
darin verbringen, um zu erkennen, welche Schätze er birgt. Man wird
nicht fertig mit Schauen und Staunen. Große Überraschung: der
Marmorfußboden, der sonst nur zu ganz besonderen Gelegenheiten
gezeigt wird, ist fast zur Gänze freigelegt und nimmt auch fast zur
Gänze meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Darstellungen von
größter Lebendigkeit und unglaublicher Detailgenauigkeit bedecken
riesige Flächen des Domfußbodens. Sie sind ungemein kunstvoll in
verschiedenen Farben ausgeführt; man kann kaum glauben, dass das
alles Einlegearbeit aus Marmor ist. Der eigentliche Dom gerät dabei
in seiner Großartigkeit fast ins Hintertreffen.
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Ewald und ich
gehen „getrennte Wege“. Später erzählen wir uns gegenseitig,
was wir gesehen und aufgenommen haben, machen noch einen Bummel
durch die Stadt, die sich ob ihrer engen Gassen und hohen Häuser
beharrlich dem Fotografiertwerden entzieht. Ziemlich erschöpft
kehren wir zu unserem Busterminal zurück und lassen uns zum Womo
kutschieren. Die CP-Leitung ist – zumindestens in der Nachsaison –
bezüglich des Abreisezeitpunkts recht großzügig: wenn wir bis 12h
zahlen, können wir fahren wann wir wollen. Also ist es glücklich
16h15, als wir rundum gut versorgt vom Platz rollen.
Eine Stunde
später stehen wir auf dem Stellplatz in San Gimignano (kostenlos!)
und betrachten ganz hingerissen die Stadt mit ihren Türmen, wie sie
da im Licht des späten Nachmittags auf ihrem Hügel thront.
Österreichische Womonachbarn erzählen uns, dass man zu Fuß nur eine
Viertelstunde in die Altstadt braucht und schon sind wir unterwegs,
um das letzte Licht des Tages zu nützen. Es wird ein sehr
stimmungsvoller Spaziergang durch dieses einzigartige Städtchen, in
dem die Sonne und die letzten Touristen langsam verschwinden. Von
der Stadtmauer genießt man einen traumhaften Blick auf die
toskanisch-umbrischen Hügel, auf denen die Schatten über den
schraffierten Flächen der Weingärten und Olivenhaine immer
länger werden.
Während unseres Rückweges wird es schon langsam finster; angesichts der Preise auf den Speisenkarten diverser Lokalitäten verfinstern sich auch unsere Mienen und da es ohnehin noch nicht einmal 19h00 ist und alle Wirtsleute innerhalb der Stadtmauer diesbezüglich eine Geheimabsprache haben, marschieren wir - bis zum Äußersten entschlossen - zum Tor hinaus - und unmittelbar danach in die nächste Trattoria hinein, deren Inhaber sichtlich etwas flexibler ist und uns auch jetzt schon bewirten kann und will. Wir sitzen sozusagen in der Basis der Stadtmauer; das Essen schmeckt köstlich, der Wein auch (vino di tavola, ich kann dem Chianti einfach nichts abgewinnen, je teurer, desto weniger). Hochzufrieden machen wir uns auf den Heimweg und freuen uns auf morgen.
Donnerstag 7.10.2010 S.G. – Volterra 38 km
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Morgen“ ist heute und heute ist Markttag in S.G.! Es ist praktisch die Hölle los – nicht nur eine Menschenlawine ergießt sich durch die Stadt – nein, auch die Piazza de la Cisterna ist unter einem geschlossenen Dach weißer Schirme verschwunden, unter denen man alles nur Erdenkliche – und Unnötige! – erwerben kann. Wie schön, dass wir gestern abend hier waren – heute ist an Besichtigung nicht zu denken. Dafür ergötzen wir uns eine Weile am allgemeinen Treiben, gönnen uns ein Eis, das auch nicht mehr so gut ist wie der Ruf, der ihm vorauseilt. Später schauen wir schnell noch einmal bei der gestern abend entdeckten Keramikwerkstatt vorbei, in der es wunderbare Arbeiten gibt (und kaufen nichts!). Danach überlassen wir San Gimignano wieder der Tourismusindustrie und starten nach Volterra. Dort hampeln wir eine ganze Weile herum, unser Dicker gerät in der Enge der Gassen wieder einmal arg in Bedrängnis. Schließlich kommen wir auf dem Stellplatz P3 zu stehen und sind´s zufrieden.
In die Altstadt sind es 253 Stufen hinauf, was sich aber schlimmer anhört als es ist. Im Vergleich zu S.G. wirkt Volterra städtischer, sachlicher, gegenwartsnäher. Aber auch hier gibt es Winkel und Gassen, die von der Schwierigkeit eines Lebens in diesen Mauern erzählen können.
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Unser Problem, vor 19h etwas essen zu wollen, lösen wir in einer äußerst rustikale Pizzeria, die sich um ortsübliche Öffnungszeiten nicht schert. Wir liegen zwar mit unserem Alter rund 40 Jahre über dem Durchschnitt der übrigen Gäste, was uns aber wenig kümmert. Gestärkt können wir die 253 Stufen abwärts in Angriff nehmen (nicht lachen: abwärts ist – entgegen den Gesetzen der Schwerkraft – viel schwerer als aufwärts!).
Freitag 8.10.2010 Volterra –Greve 98 km
Wir fahren durch
das Chianti. Die Straße schwingt sich durch anmutige
Hügellandschaft, in der sich dichte Eichenwälder, Olivenhaine und
Weingärten abwechseln und nach jeder Kurve neue Bilder
hervorzaubern.
Immer wieder thront auf einem Hügel höchst dekorativ eine Burg, ein Landgut oder auch nur ein stehen gebliebener Turm; ganz leise kündigt sich der Herbst schon an. Zarte Nebelschleier hängen in den Tälern, in den Weingärten glüht das Laub goldbraun und rot. Die ersten Strahlen der Morgensonne lassen die Akazien hellgelb aufleuchten und die Tautropfen auf den feuchten Wiesen blinken. In Greve finden wir mühelos den Stellplatz, auf dem es für Womo-Fahrer gut sein ist.
Vor der “Haustür“ lassen wir uns noch die letzten Sonnenstrahlen auf den Bauch scheinen; sobald es kühl wird, marschieren wir ins Städtchen, wo sich noch nicht viel tut – nur der Platzhirsch Falorni hat enormen Zulauf - als ob´s was gratis gibt. Davon kann nun aber wahrhaftig nicht die Rede sein, die Preisgestaltung ist ausgesprochen mutig. 100g Wildschweinschinken um knappe € 10,-- ! Die hätte ich zumindest gerne ohne diverse Geheimzeichen der Lebensmittelchemie und ohne Plastikmanterl – aber: der Erfolg gibt Herrn Falorni Recht! Nach einem Viertel Rotwein in einer netten Trattoria wandern wir wieder zum Womo zurück und legen uns schlafen. Morgen ist Markttag.
Samstag 9.10.2010 Greve – Comcchio 249 km
Und was für
einer! Hier gibt´s wenigstens nicht nur Klamotten, sondern einiges
an kulinarischen Köstlichkeiten. Besonders der große Stand an der
Stirnseite des Platzes hat es mir angetan – Oliven in allen
Variationen, Nüsse, getrocknete Paradeiser, solche, die in Öl
eingelegt sind, Gewürze, getrocknete Früchte – köstlich. Da muss man
natürlich zugreifen; Spitzpaprika werden gekauft, Käse und herrliche
Muskatellertrauben. Alles wird zum Womo getragen, selbiges
reisefertig gemacht und ab die Post nach Norden. Ewald hat den
Wunsch, noch einmal in die Adria zu steigen. Zuerst einmal müssen
wir aber über die Alpi San Benedetto. Wer das wohl kennt? Man
erreicht kaum 1000 Höhenmeter, aber die Strecke hat es wirklich in
sich. Die Straße ist sehr schmal, die Abstände zwischen den engen
Kurven sind sehr kurz, auf der Talseite – meiner! – geht es oft
senkrecht hinunter, was der Wald teilweise gnädig verhüllt. Das tat
er in Spanien nicht – und genau an unsere dortigen Fahrten erinnert
mich unsere heutige Tour. Sogar Ewald ist dankbar, als die endlose
Kurbelei endlich ein Ende hat. Dabei ist die Gegend bildschön, wenn
auch etwas unwegsam. Kaum auf der Passhöhe, ist plötzlich der Herbst
ins Land gezogen. Die Wälder sind bunt, der Himmel voller grauer
Wolken und die Luft reichlich frisch. Schleunigst begeben wir uns
wieder in die Niederungen, durchqueren Ravenna problemlos (Samstag)
und führen uns den Naturpark des Podeltas zu Gemüte – dieses flache
Land mit seinem komplizierten Geflecht aus Schleusen und Kanälen,
mit dem man das empfindliche Gleichgewicht des Wasserhaushaltes
dieser Region kontrolliert und im Krisenfall gegenzusteuern
versucht.
In Comacchio
schwenken wir hinaus an die Küste, wo sich die Feriendörfer und
Campingplätze aneinanderreihen. Fast alle sind schon geschlossen,
aber die wollen wir ohnehin nicht, sondern eine stille Seitenstraße
nahe beim Strand, in der wir das Womo parken und einen längeren
Strandspaziergang unternehmen. Es ist ziemlich kühl, gar nicht
badetauglich, aus Osten weht ein frischer Wind. Die Tide ist gerade
gekentert, das Wasser läuft schon wieder auf. Um zu sehen, wie
schnell das geht, bohre ich als „Kontrollmarken“ ein paar Stecken in
den Sand. Als wir zurückgehen, stehen sie schon alle im Wasser. Ohne Muschelsammeln geht so ein
Strandspaziergang natürlich auch nicht ab, reich beladen kehre ich
zum Womo zurück – weiß der Himmel, wo ich das zu Hause alles lassen
werde!
Sonntag 10.10.2010 Comcacchio – Fusina 112 km
Heute morgen
herrscht strahlender Sonnenschein, der Wettergott ist mit unseren
Plänen sichtlich einverstanden – Venedig ist das Ziel unserer
Wünsche. Wir fahren weiter durchs Podelta; an einer
Selbstbedienungstankstelle müssen wir uns mit dem Automaten
herumärgern, der erst Geld einzieht und dann keinen Sprit hergibt,
das Geld aber auch nicht mehr herausrücken will. Ein Italiener kommt
dazu, plötzlich funktioniert das Werkel wieder, aber nur bei uns,
jetzt steht er da und ärgert sich. Er deutet uns, wir sollen
weiterfahren – wie vernünftig! Wir können ihm ohnehin nicht
helfen.
Ein paar
Kilometer noch und wir sind beim CP Fusina (wir müssen ja unsere
CP-Karte aus Pisa aufbrauchen). Als wir so herumkurven auf der Suche
nach einem guten Platz, winkt uns ein Ire zu: er würde in ein bis
zwei Stunden fahren. Der Mann hat seinen Platz direkt am Meer
– sozusagen Aug in Aug mit Venezia! Ich freu mich riesig und
teile das auch gleich seinen beiden Golden Retrievern mit, die neben
seinem Womo in der Wiese liegen.
Ja – und seit
seiner Abfahrt haben wir Panoramablick über die Dalben hinweg auf
die Serenissima und das grüne Wasser der Lagune, wo – direkt vor
unserer Nase und zum Greifen nahe – dicke Pötte vorüberziehen, weil
direkt vor dem CP die Fahrstraße verläuft.
Mittlerweile ist
es dunkel; die Lichter Venedigs spiegeln sich im schwarzen Wasser.
Wir genießen dieses schöne Bild durch die Windschutzscheibe und
freuen uns auf morgen.
Montag 11.10.2010 Fusina/Venedig Stehtag
Sonnig, kühl –
herrliches Wetter für Venedig! Und so wird auch der ganze Tag. Es
könnten ein paar tausend Menschen weniger sein, die herumlaufen,
aber das lässt sich nicht ändern – wir sind ja schließlich nicht die
einzigen, die Venedig besuchen wollen. Ansonsten ist es ein rundum
gelungener Tag; durch sagenhaft enge Gassen schlendern wir, um am
Ende immer wieder von einer neuen Piazza und dem Licht überrascht zu
werden. Oft müssen wir trotz Stadtplan umkehren, weil´s nicht mehr
weitergeht: ein Kanal verspert den Weg.
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Zauberhafte Winkel tun sich auf, wundervolle verschwiegene Innenhöfe – oft auch an einen Kanal angrenzend. Wie kalt und feucht es in diesen alten Gemäuern sein muss! Auf Dauer möchte ich aber trotz aller Schönheit nicht hier leben – höchstens im vierten Stock mit Lift und Sonnenterrasse. Heute herrscht kein acqua alta, trotzdem sind die Stufen zahlreicher Hauseingänge unter Wasser und zwischen den Bodenplatten des Markusplatzes sprudelt das Wasser unaufhaltsam an die Oberfläche, solange die Flut steigt.
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Dem Vernehmen nach geschieht das in den letzten Jahren immer häufiger, sodass bereits Strategien entwickelt werden, wie man San Marco, den Campanile und den gesamte Platz vor einem sicher scheinenden Untergang bewahren könnte. Vormittags haben wir am Canal Grande herrliches Licht, auf der Rialtobrücke ergötzen wir uns an dem unglaublichen Treiben der zahllosen Wasserfahrzeuge.
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Dann verdrücken wir uns ins „kleine
Venedig, wohin weniger Touristen kommen, keine Modegeschäfte den
Blick vom Wesentlichen ablenken.
Endlos kann man
den Künsten der Gondoliere zuschauen, wie sie ihre Gefährte in den
engen Kanälen aneinander vorbeibasteln.
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Mindestens genauso spannend
ist der Transport all dessen, was im täglichen Leben so gebraucht
wird: erst geht´s per Transportboot ins Innere der Stadt, dann
per Rodel oder Handkarren über Brücken und durch enge Gässchen bis
zum Empfänger. Sicher eine tolle Sache, hier Briefträger zu sein –
an vielen Hauseingängen gibt´s nicht einmal Namensschilder –
lediglich eine Anordnung vornehmer messingfarbener Klingelknöpfe
prangt neben den Türen! Stundenlang könnte man schauen und erzählen.
Auch nach
vierzig Jahren ist Venedig immer noch ein Erlebnis – das wird
nie langweilig. Sogar preiswert – und gut! – essen kann man
hier, man muss nur suchen. Es wird sich wohl nicht vermeiden lassen,
irgendwann einmal wieder nach Venedig zu fahren . . . . .
Dienstag 12.10.2010 Fusina – Spilimbergo 164 km
Der häusliche
Herd ruft, wir sollten uns langsam auf den Heimweg machen. Damit das
nicht allzu schnell geht und weil Ewald ohnehin nicht auf die
Autobahn will, machen wir eine ausführliche „Sightseeingtour“ durch
Mestre, bis wir die Ausfahrt Richtung Treviso erwischen und
gemütlich auf der B 13 über Conegliano bis Sacile bummeln. Entlang
der Hügelkette geht´s weiter nach Spilimbergo,
woselbst der lockere Modi von Bergheim so einen tollen
Stellplatz angepriesen hat. Warum er wohl keine Koordinaten angibt?
Der Platz ist wirklich ein Kleinod, das hoffentlich von allen
Womoisten pfleglichst behandelt wird, auf dass es uns noch recht
lange in diesem Zustand erhalten bleibt.
Hübsch ist es in Spilimbergo. Die lange Mauer vor dem Grundstück der Schule ist zur Gänze in Mosaik ausgeführt; auch im einen oder anderen Hausgiebel findet sich ein Mosaikbild. Wir entdecken ein nettes Beisl, das nur über eine „sprechende Speisenkarte“ verfügt: die Köchin kommt an den Tisch erzählt, was sie so hat und macht Vorschläge – auf italienisch natürlich. Es wird eine sehr heitere Konversation, in die auch der Langenscheidt einbezogen wird und es schmeckt großartig – ein würdiges italienisches Abschiedsmenu! Begleitet wird dieses ehrlich zubereitete Abendessen von einem aperitivo - natürlich Prosecco - und einem roten vino tavolo. Ewald, der ausnahmsweise auch ein Glas trinkt, versteigt sich zu folgender Beschreibung:
"Der Wein hat ein rauchiges, nicht aufdringliches Buket, ist wolkig auf der Zunge und hat nach dem freundlichen Abgang einen leichten Anflug von zartherben Kräutern."
....Und ich muss sagen - es stimmt.....
Mittwoch 13.10.2010 Spilimbergo – Ferlach 228 km
Der Heimweg
erfährt eine Erweiterung. Ewald hat auf der Karte eine unendlich
gewundene Straße entdeckt, hübsch begleitet von einem grünen
Streifen. Wir fahren also über den Passo Rest (B 552 von Meduno bis
Priuso im Tal des Tagliamento).
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Es ist tatsächlich eine bemerkenswerte schöne Strecke, die uns zwischen beeindruckenden Felswänden nun endgültig in den Herbst führt. Der Buchenwald leuchtet in den unterschiedlichsten Farbtönen zwischen goldgelb und rotbraun, auf der Passhöhe ist es empfindlich kalt und mit jeder Serpentine ins Tal hinunter verlieren wir ein bisschen Sonnenlicht – es ist zum Weinen. Nach Tolmezzo biegen wir ab ins Kanaltal Richtung Heimat. Als wir über die Grenze fahren, hat uns der Nebel bereits fest im Griff, die Gipfel der Karnischen Alpen können wir bestenfalls erahnen. Wir steuern unser Nachtquartier auf dem Stellplatz in Ferlach an und hoffen, dass uns der Wettergott für die Fahrt auf die Schilcher Weinstraße noch einmal Wärme beschert.
Donnerstag 14.10.2010 Ferlach – Gundersdorf 196 km
Gierig horchen
wir auf den Wetterbericht, der uns Sonne verheißt. Durch herrlich
bunten Herbstwald geht es übers Klippitztörl ins Lavanttal und von
dort nach Fisching (Nähe Weißkirchen, Raum Judenburg), um einen CP
zu besichtigen (Tip von Locker). Sehr großzügige, schön gestaltete
Anlage, reichlich Möglichkeiten für Aktivitäten wie Radfahren,
Wandern u.ä., sogar einen Schwimmteich gibt es dort. Die Familie
macht den Platz gerade winterfest. Ewald hat noch immer nicht genug
vom Pass fahren, drum „bezwingen“ wir jetzt auch das Gaberl
und sind bald darauf im Schilcherland, wo wir in einem winzigen Nest
einen unbegreiflich großen Busparkplatz zum Nächtigen vorfinden.
Nach einem Rundgang zwischen den wenigen Häusern kehren wir beim
„Windisch“ ein, offenbar ein uraltes Gasthaus, das aber
ausgezeichnete Backhendln serviert und einen sehr guten Schilcher
kredenzt.
Freitag 15.10.2010 Gundersdorf – Wien 216 km
Frei
nach STS: I wü no ned ham!
Es hilft aber
nichts – wir müssen. Es gibt Probleme mit dem Forum, die sich
von unterwegs doch nicht lösen lassen. Also setzen wir uns auf die
Autobahn und sind dreieinhalb Stunden später daheim.
Schön
war´s! Viel zu kurz! Muss ma wieda machen!!! Und
ein dickes Dankeschön an meinen
Chaffeur!